Blitz The League II Review
Was macht man gegen einen übermächtigen Platzhirschen, der sich nicht vertreiben lässt? Man sucht sich eine andere Weide, die vielleicht nicht das üppigste, aber dafür ebenfalls sättigendes Gras bietet. Genau das hat sich Midway auch gedacht und ein echtes Alternativprodukt zur Madden-Serie entwickelt. Alternativer geht es eigentlich nicht, denn Blitz The League II schmeißt nicht nur das simulationslastige Gameplay über den Haufen, es macht aus dem seriösen Football-Sport eine Satire-Bühne und übertreibt es in jeder Hinsicht, so dass es schon wieder richtig witzig ist.
Hier in Europa gewinnt man mit Football sicherlich keinen Blumentopf. In den Staaten hingegen sind die Football-Simulationen unglaublich erfolgreich (Madden 09 hat 133,5 Millionen US-Dollar alleine im Launchmonat in die Kassen gespült). Woran liegt das? Europäer stehen schlicht und ergreifend eher auf Fußball und außerdem ist der Sport als solches hier nicht ganz so beliebt. Setzt man einen durchschnittlichen Europäer vor ein simulationslastiges Footballspiel, so wäre dieser mit großer Wahrscheinlichkeit völlig überfordert. Genau hier setzt Blitz an, denn mit dem Arcade-Gameplay bietet es eine leicht zugängliche Steuerung und dürfte eher Zuspruch bei den hiesigen Gamern finden.
Blitz hat keine offizielle Lizenz der NFL und somit bietet es nur Fantasie-Teams. Den Spielspaß schränkt diese Tatsache aber in keiner Weise ein, denn die erschaffene Welt rund um die Blitz-League ist so herrlich übertrieben, dass Teams wie die New York Nightmares oder die New Mexico Azteks eine deutlich bessere Figur machen. In Hinsicht auf Spielmodi wird auch einiges an fantasievollen Möglichkeiten geboten. Neben der typischen Gelegenheit ein schnelles Spiel auf dem Platz abzuhalten, ist es zu Beginn ratsam das Trainings Camp aufzusuchen. Hier werden in Videoform alle wichtigen Elemente des Spiels erklärt, ehe man sie selber einüben darf. Gerade für Neulinge des Sports ein wichtiger Bestandteil.
Eine weitere Möglichkeit zum Austoben bietet der Turnier-Modus. Dieser kann alleine oder auch mit bis zu drei weiteren Freunden abgehalten werden. Im klassischen Stil wird hier im K.O. System gespielt, ehe sich ein Team als Sieger herauskristallisiert. Das Ganze kann auch Online veranstaltet werden. Natürlich bietet der Online-Modus auch normale Einzelspiele. Bevor wir aber auf den reizvollsten Modus zu sprechen kommen, wollen wir noch die besagten fantasievollen Modi abhaken. Die so genannten Fungames warten mit besonderen Regeln auf. In "Make it, take it" beispielsweise, darf man nach einem Touchdown den Ball behalten (was im normalen Spiel natürlich nicht der Fall ist), was gerade die Defensivsfähigkeiten herausfordert. Ein weiteres Beispiel wäre da noch "Butterfingaz". In diesem Spielmodus führt jeder Tackle zu einem Fumble (den Ball fällt aus den Händen und kann vom Gegner eingenommen werden). Eine schöne Abrundung der gebotenen Modi, aber sicherlich keine Besonderheit auf Dauer. Viel interessanter ist das schon der Karriere-Modus.
Äußerst ungewöhnlich für ein Sportspiel, aber bei diesem Titel angebracht, zieht die "Campaign" einen roten Pfaden durch alle Spiele und erzählt dabei eine kleine Story. Bereits der Start ist sehr einfallsreich gestaltet, denn nach einem einstimmenden Intro, wird das eigene Spieler-Ego mittels eines Editors in Form einer Pressekonferenz erstellt. Die hungrige Pressemeute stellt euch dabei Fragen und zur Auswahl stehen verschiedene Antwortmöglichkeiten. Entsprechend der gewählten Aussagen, werden die Fähigkeiten des Spielers ermittelt. Erklärt man den Pressevertretern beispielsweise, dass eines der Hobbys die Flucht vor der Polizei war (der deutliche Sarkasmus schwebt in jedem Bereich von Blitz mit), so wird euer Spieler ein Footballer mit hohem Laufpensum. Bereits die ersten Minuten mit dem Spiel, sind äußerst amüsant gestaltet. Es gibt keine nervigen Regler, an denen man drehen muss, sondern die ganzen Einstellungen erfolgen mehr oder weniger beiläufig. Ähnlich sieht die Sache dann auch beim Erstellen des eigenen Teams aus, was ebenfalls dank der Möglichkeiten viel Spaß bereitet. Man wählt eine Heimatstadt, eines der zahlreichen Logos, einen passenden Namen und die dazugehörigen Vereinsfarben. Bereits hier stellt sich schon eine persönliche Bindung ein, was auch wichtig ist, denn eure nächste Aufgabe besteht darin, aus dem selbsterstellten Niemand, die Nummer eins unter den Footballern zu machen. Die Möglichkeiten sind sehr breit gefächert und viele Elemente greifen hier ineinander. Höchste Priorität hat es natürlich, dass euer Team alle anliegenden Spiele gewinnt. Um die Chancen dafür zu erhöhen, kann man durch verdientes Geld neue Trainingsgeräte anschaffen oder auch gleich (nicht ganz legale) Dopingmittel für seine Truppe einkaufen. Nebenbei kann man aber auch ein Augenmerk auf die Nebenmissionen richten. Zum Beispiel werden bestimmte Bedingungen von eurem Star abverlangt. Schafft er es im nächsten Spiel eine bestimmte Anzahl an Yards abzulaufen, so wird sich ein neuer Sponsor einfinden, was gleichbedeutend mit mehr Geld und Frauen ist. Zwischen den Spielen gibt es immer kleine Videos, die Fäden aufzeigen, die Geschichte weitererzählen oder auch den nächsten Gegner vorstellen. Dabei sind alle Darsteller und Dialoge so übertrieben, dass man es einfach nicht ernst genommen werden kann (was wohl auch die Absicht der Entwickler war). Ein rundes Packet, was von Midway hier zusammengestellt wurde. Man will immer wissen, wie es weitergeht und besonders reizvolles ist es, die gestellten Aufgaben zu meistern und den eigenen Spieler immer weiter in seinen Fähigkeiten zu steigern. Auf dem Feld merkt man beispielsweise auch, dass man oft nur im Sinne seiner Karriere handelt und gezielt versucht mit dem eigenen Ego den entscheidenden Pass zu werfen. Das ist es auch, was wir mit "persönlicher Bindung" an dem Spiel gemeint haben.
Verabschiedet euch gleich von dem Gedanken in diesem Spiel von irgendwelchen Regeln einengt zu werden. Um einen Sieg auf dem Feld zu erreichen, ist fast jedes Mittel recht. Wenn man es nicht besser wüsste, so könnte man glauben, dass man bei Midway intern die Leute von Mortal Kombat vor diesem Titel gesetzt hat, denn ein elementarer Bestandteil des Gameplays besteht darin, dem Gegner alle Knochen zu brechen. Auch wenn das in Textform brutal klingt, visuell wird das Ganze noch viel deutlicher dargestellt. Durch verschiedene Aktionen, wie gelungene Pässe oder Tackles füllt sich eine Anzeige, die im Unleash-Modus gipfelt. Hält man in diesem Modus eine Schultertaste gedrückt und attackiert dabei seinen Gegner, so kommt es nicht selten vor, dass plötzlich ein Video eingeblendet wird, in dem detailliert gezeigt wird, wie sich das Fleisch vom zerbröselnden Knochen löst. Das Gameplay ist ganz klar auf Arcade-Action ausgelegt und dürfte gerade Spielern, die mit einer typischen Footballsimulation nichts anfangen können, viel mehr Spaß bereiten. Dabei kann man nicht einmal sagen, dass es nicht anspruchsvoll ist, denn die Möglichkeiten sind zahlreich, nur eben sind diese vielen Varianten schnell erlernt und ermöglichen einen leichten Einstieg. Grundsätzlich gilt es bei Blitz, der gegnerischen Mannschaft ordentlich in den Hintern zu treten und diese mehr oder weniger zu verdreschen. Dadurch werden die Attribute der einzelnen Spieler gesenkt und man selber versucht mit einem blauen Auge durch zu kommen und hier und da einen Touchdown zu erzielen. Typisch für ein Football-Spiel, sind die zahlreichen taktischen Möglichkeiten. Genau diese wurden bei Blitz einfach auf ein Minimum reduziert, so dass man sich auf die grundsätzlichen Spielelemente konzentrieren kann. Ist man im Ballbesitz, so gibt die Möglichkeit mit dem Football in der Hand sich nach vorne zu kämpfen oder einen Pass zu werfen. In beiden Fällen ist der bereits erwähnte Unleash-Modus ein hilfreiches Instrument. Durch den Druck auf die Schultertaste, wird der gesamte Spielverlauf in Zeitlupe dargestellt und ermöglicht es, sich auf den Gegner perfekt einzustellen. Wird euer Quaterback in diesem Zustand von einem Gegner bedrängt, so kann man mit dem richtigen Timing einen Konter ausführen, bei dem wieder einige Knochen zu Bruch gehen. Ähnlich sieht die Sache in der Defensive aus. Die richtig Brutal-Moves gelingen in der Regel nur im Unleash-Modus. Wird man selber Opfer einer brutalen Attacke, wird man mit einem weiteren wichtigen Bestandteil des Spiels konfrontiert, denn bei einem entstandenen Schaden muss man selber ran. In kleinen Minigames übernimmt man die Rolle der Teamärzte und versucht die Knochen noch am Spielfeldrand zu richten und die Muskeln durch eine gezielte Spritze wieder in Form zu bringen. Umso besser man bei den Minigames abschneidet, um so schneller können eure Heroen wieder aufs Feld. Alle Bestandteile des Gameplays mögen vielleicht etwas plump und brutal klingen, aber als Gesamtwerk machen sie aus Blitz ein richtig launiges Arcade-Spiel, welches niemals seinen Satire-Charakter des wahren Football-Profisports verliert.
Übrigens sind die Computergegner überaus clever und fordern dem Spieler einiges ab. Die gegnerischen Teams verstehen es die Brutalität gekonnt einzusetzen und bieten immer wieder motivierende Matches. Nicht selten ist es vorgekommen, dass Spiele noch im letzten Moment gekippt wurden und schon das Niveau echter Endspielkrimis angenommen hat. Eine herrlich, spannende Stimmung, die bei diesem Sporterlebnis aufkommen kann.
Blitz The League II hat in Deutschland eine Einstufung ab 16 Jahren erhalten. Dabei kann man nur hoffen, dass die Spieler in diesem Alter auch verstehen, dass die Brutalität des Titels, wirklich nur ein Spiel ist und einfach so überspitz dargestellt wird, dass man es nicht ernst nehmen darf. Zur Einstufung haben sicherlich auch die überaus detaillierten Darstellungen der Verletzungen beigetragen. Deutlich interessanter sind die aber Wettervisualisierungen, denn diese sind nicht nur ansehnlich, sondern haben auch Einfluss auf das Spiel. Bei Schnee und Regen beispielsweise, rutschen die Spieler auch gerne einmal aus und öffnen so die Linien der Vereidigung. Umrahmt wird das Ganze mit tosendem Donner aus der Dolby-Anlage und feinen Regentropfen auf der Kamera. Das Wetter wird also auf eine schöne Weise in euer Spielzimmer übertragen, was sicherlich zu den absoluten technischen Highlights des Spiels gezählt werden darf. Ansonsten haben wir es bei Blitz mit solidem Durchschnitt zu tun. Die Darstellung der Spieler ist sauber, flüssig und in den Animationen akzeptabel. Besonderheiten lassen sich aber kaum ausmachen. Ähnlich sieht es abseits des Spielfeldes aus. Die Stadien sind in ihrer Architektur abwechslungsreich gestaltet, aber die Fans von denen diese eingenommen werden, sind blasse Pappfiguren, die es aber immerhin verstehen eine ordentliche akustische Stimmung aufzubauen. Die sonstigen Rahmenbedingungen des Titels sind aber bis aufs kleinste Detail durchgestylt. Die Menüs sind visuell passend, die lizenzierte Musik untermauert die Klischees und erzeugt die passende Stimmung.
Positiv
+ spannender Karrieremodus
+ die Komplexität eines Footballspiels auf einfache Elemente reduziert
+ Verletzungen als Gameplay-Element
+ gelungen sarkastische Darstellung des Football Profisports
+ tobende Stadionstimmung (akustisch)
Negativ:
- keinerlei Lokalisierung
- durchschnittliche Umsetzung der Spieler (Animation und Darstellung)