Wario Land The Shake Dimension Review
Irgendwie ist es doch erstaunlich, wie Nintendo es schafft aus zunächst unscheinbaren Figuren echte Superstars zu schaffen. Zum Zeitpunkt seines Debüts in Super Mario Land 2 hätte wohl kaum einer damit gerechnet, dass Wario eine der führenden Figuren in der Nintendo-Riege werden könnte. Allen Kritikern zum Trotz ist Wario nun da und wohl auch nicht mehr wegzudenken.
Selten war eines seiner Abenteuer so im Fokus der Öffentlichkeit, denn das neue Wario Land Shake Dimension bildet den Startschuss für die kommenden Wii-Highlights zum Saisonhöhepunkt des Jahres. Da es dieses Jahr zum Weihnachtsgeschäft bekanntermaßen wenige Titel von Nintendo selber gibt, wird Wario eine große Verantwortung zuteil. Ob Wario mit seinem neusten Jump'n'Run in klassischer 2D Manier diesem gerecht wird, wollen wir nach zahlreichen Schüttel-Orgien, soweit es die noch zittrige Hand zulässt, herausfinden.
Geschüttelt und gerührt!
Bei Wario laufen die Dinge schon immer etwas anders ab, als bei seinem guten Abbild Mario. Wario sind Ehre und Ruhm überhaupt nicht wichtig. Dem raffgierigen Spitzschnurrbart geht es schlicht und ergreifend um Kohle, Kohle und nochmals Kohle.
Diese eingeschränkte Sichtweise auf die Welt wird auch sehr schön von der Story hinter "The Shake Dimension" eingefangen. Aufmerksamen Lesern sei beteuert, dass folgende Zeilen nicht durch übertriebene Schüttel-Origien zustande gekommen sind, sondern den tatsächlichen Hergang des Spiels erklären sollen.
Einst lebte an einem uralten Ort, dem Reich des Rüttelns, ein Volk elfenhafter Kreaturen, die sich selbst Mürfel nannten. Ihre friedliche Existenz wurde eines Tages von einem adeligen Piraten, bekannt als König Rüttelbart, gestört. Er entführte den größten Schatz des Reiches. Alle Mürfel wurden von ihm gefangen genommen...
Naja, nicht ganz, denn einem tapferen Mürfel, dessen Name durch einen bemerkenswerten Zufall ebenfalls Mürfel lautet, gelingt die Flucht aus dem eisernen Griff von König Rüttelbart. Daraufhin wendet es sich mit der Bitte um Beistand an Kapitän Kandis, einer Schatzsucherin, die wiederum Wario als Helfer für die aussichtslose Mission anheuern möchte. Erst als der heilige Schatz des Volkes, einen mit unendlich vielen Goldmünzen gefüllten Sack, zur Sprache kommt, willigt Wario dem Ganzen ein und begibt sich auf die Suche nach dem fiesen König Rüttelbart.
Soviel zur mehr oder minder ergreifenden Story. Wirklich ergreifend wird es nämlich erst, wenn man seine Wii-Mote in waagerechte Position in die Hand nimmt und sich in dieses zeichentrickartiges Abenteuer stürzt. Besonders Freunde klassischer 2D Jump'n'Runs dürfte hier das Spielerherz aufgehen.
It's a me, Wario!
Was haben wir nicht schon für verrückte Dinge mit Wario angestellt? Mittels Stylus haben wir in der Nase gebohrt oder mit Hilfe der Wii-Mote alten Damen die dritten Zähne eingesetzt. Davor gab es aber eine Zeit, in der wir richtig klassische Jump'n'Runs erlebt haben, die von ihrer Güte durchaus mit den Abenteuern von Mario mithalten konnten. Wario Land The Shake Dimension orientiert sich nun genau wieder an diese alten Wurzeln und lässt sich als Nachfolger der GameBoy-Titel bezeichnen. Man rennt in bester 2D Manier mit Wario Level für Level durch und begegnet dabei immer neue Gegner und Hindernissen. All die Dinge, die eben ein solches Spiel ausmachen. Gute Jump'n'Runs, wie Wario Land, wollen aber auch immer etwas Geheimnisvolles bieten. Es reicht also nicht, sich einfach von links nach rechts zu bewegen und so einmal den Hintergrund runterzuscrollen. An vielen Ecken muss man auch mal eine andere Richtung einlenken, denn überall können Schätze, die ja die Motivation von Wario sind überhaupt aus dem Haus zu gehen, verborgen sein. An vielen Stellen müssen Rätsel gelöst oder einfach alle vorhandenen Objekte genutzt werden, um an die begehrten Goldmünzen und Schätze zu gelangen.
Am Ende eines jeden Level muss ein Mürfel befreit werden. Genau an dieser Stelle tritt eine eher ziemlich individuelle Facette des Spiels ein. Ist der Mürfel nämlich befreit, gilt es so schnell wie möglich wieder an den Anfang des Levels zu gelangen. Das Ganze geschieht unter Zeitdruck. Während man also bei der Schatzsuche alle Zeit der Welt lassen kann, muss man zum Abschluss noch mal so richtig aufs Gaspedal drücken. Das ist auch bitter nötig. Alle eure investierten Mühen (sprich die gesammelten Schätze) werden euch nämlich bei Überschreiten der Zeit abgenommen.
Bei der Steuerung von Wario Land Shake Dimension hat sich Nintendo für eine Art Hybrid aus Klassik und Neu entschieden. Die Fähigkeiten der Wii-Mote werden zwar genutzt, aber insgesamt fühlt sich das Gameplay sehr klassisch an. Die Mote wird waagerecht gehalten und man steuert den fetten Wario mittels Digi-Kreuz. Die beiden Aktionstasten 1 und 2 werden zum Hüpfen und für die typische Dash-Attacke genutzt. Man kann zwar dem Gegner im besten Mario-Stil auf den Kopf springen, doch bei Wario Land ist damit noch nicht Schluss. Durch einen solchen Hüpfer werden die Gegner lediglich benebelt, was euch aber die Möglichkeit eröffnet sie in die Hand zu nehmen und als Wurfgeschosse zu missbrauchen. An dieser Stell macht das Gameplay auch den besagten Spagat zwischen Klassik und Neu. Hat man einen Gegner oder auch einen anderen Gegenstand in den Händen, so kann man die Bewegungserkennung der Wii-Mote nutzen. Beim Werfen wird durch Neigung die Flugrichtung bestimmt. Säcke mit kostbarem Inhalt werden durch eine Schüttelbewegung entleert und mächtige Erdbebenschläge können durch eine rasche Bewegung der Wii-Mote in Richtung Boden ausgeführt werden.
Die Bewegungstechnologie wird immer wieder im Spiel zu passenden Passagen eingesetzt. Rotiert das Dickerchen an einer Stange holt man mit der Mote den richtigen Schwung und auch die Endgegner fordern individuellen Einsatz der Mechanik. Insgesamt haben es die Entwickler verstanden die Wii-Mote sinnvoll einzusetzen und dabei trotzdem das klassische Feeling beizubehalten. Keines der beiden Elemente wirkt aufgesetzt oder wurde gar vernachlässigt. Wario Land Shake Dimension zeigt, wie man beides in Einklang bringen kann.
Bilderbuch Jump'n'Run
Wario ist sicherlich kein Vorzeigeheld, der aus einem Märchenbuch entsprungen sein könnte. Dafür aber wirkt der Rest, also also um Wario herum, so. Beim Leveldesign haben sich die Entwickler einiges einfallen lassen. Zwar kommen oft für ein solches Jump'n'Run typische Rätsel vor, doch gerade aus der Kombination der Wii-Mote Tricks und den Fähigkeiten unseres Anti-Helden müssen Wege eingeschlagen werden, die nicht auf dem ersten Blick ersichtlich sind. In anderen Passagen ist es einfach wichtig den Aufbau der Welten fast auswendig zu können. Begibt sich Wario in eine Speed-Röhre, mit der er eine Geschwindigkeit aufnimmt mit der er sogar Wände zum Einsturz bringen kann, so muss man blitzschnell auf die Gegebenheiten reagieren können. Andernfalls lässt er seine Energie an eine Wand aus und verliert seine Geschwindigkeit. Würde man in einem solchen Fall den besten Weg auswendig gelernt haben, so würde man auch hinter wirklich jedes Geheimnis kommen. Das Spiel drängt den Spieler also immer wieder dazu jeden Level immer und immer wieder zu spielen. Dies ist auch ein elementarer Bestandteil des gesamten Spielkonzepts. Vor jedem Leveleintritt wird aufgelistet, wie viele Schätze verborgen sind und welche Bedingungen für einen Bonus erfüllt werden müssen. Wer hier die Herausforderung für sich sieht, der kann die Spielzeit um ein vielfaches erhöhen.
Diese Belohnungen, zu denen auch einige versteckte Level gehören, wurden aber ganz bewusst eingebaut. Spätestens, wenn man das Spiel mit seinen 25 Level nach knapp fünf Stunden beendet hat, wird dies überdeutlich. Den einzigen Reiz das Spiel immer wieder im Laufwerk seiner Wii rotieren zu lassen besteht zu diesem Zeitpunkt eben nur darin, die verpassten Schätze zu sammeln und Aufgaben zu meistern. Fleißige Sammler können ihre Münzen im Piraten-Shop übrigens gegen neue Herzcontainer, Musikstücke und viele andere Sachen eintauschen.
Die Welten in Wario Land Shake Dimension sind echte "Eye-Catcher". Besonders lobenswert ist das aufkommende Gefühl am Ende einer jeden Welt mit einem spannenden Gegner konfrontiert zu werden. Irgendwie schleicht sich seit Jahren als Videospieler das Gefühl ein, dass den Endbossen nicht mehr so die gewichtige Rolle zugespielt wird. In diesem Titel bilden aber die abwechslungsreichen Kämpfe wiederholt das Highlight einer jeden Welt. Die Grafik selbst basiert auf reinem 2D. Es gibt also keine Verschmelzung mit dreidimensionalen Objekten. Klingt im ersten Augenblick sicherlich sehr altbacken, wirkt aber durch den vorhandenen Stil richtig schick und vor allem sauber. Wie man sehr gut anhand der Screenshots erkennen kann, besticht Wario Land Shake Dimension vor allem durch kunterbunte Grafik. Dabei sind nicht nur Wario, sondern auch alle Gegner und Gegenstände wunderbar animiert. Man könnte fast glauben hier die Kontrolle über einen Zeichentrickfilm zu haben. Viele kleine Details reichern das Gesamtbild sehr schön auf. Durch Paralax-Scrolling bekommt das Spiel eine hübsche Tiefe und kleine Spezialeffekte erfreuen das Auge.
Erschreckend dabei ist aber, dass alles nur in einem 4:3 Bild dargestellt wird. Ähnlich wie Mario Party 8 auf der Wii, wird das Bild im 16:9 Modus durch Bildbalken an den Seiten kastriert. Zwar gewöhnt man sich relativ schnell daran, sobald man im Spiel versunken ist, aber zu jedem Zeitpunkt, an dem man diese Balken wieder vor Augen hat, erschrickt man regelrecht. Was soll das bitte? Es gibt wohl kaum jemanden, der sich über die Anzeigen in diesem Bereich freut oder gar mit den Balken anfreunden kann. Einfach völlig unnötig.
Einen weiteren Beweis, dass Wario einfach komplett anders als Mario sein will, tritt der Sound des Spiels an. Dieser ist irgendwie nicht Nintendo-Typisch. Es mag wohl schwer zu erklären sein, aber die Melodien in diesem Titel sind richtig cool. Durch die Musik bekommt das Spiel einen völlig eigenen Flair und hat schon fast etwas von einer cineastischen Inszenierung.
Positiv:
+ Jump'n' Run in seiner reinsten Form
+ spannende Comic-Grafik
+ witzige Animationen
+ passende Musik
+ gute Kombination aus Wii-Mote- und klassischer Steuerung
+ viel zu entdecken
Negativ:
- ...schon nach rund fünf Stunden durchgespielt
- Darstellung in 4:3
- langweilige Story