Castlevania: The Dracula X Chronicles
Im Jahre 1993 erschien auf der PC-Engine ein Spiel, das unter Kennern noch heute als eine der besten Castlevania-Episoden aller Zeiten gilt: Dracula X: Rondo of Blood. 15 Jahre sind seitdem vergangen, und die Technik hat sich entscheidend weiterentwickelt. Der perfekte Zeitpunkt für ein Remake dachte sich wohl Konami, als sie Castlevania: The Dracula X Chronicles für die PSP veröffentlichten, denn dabei handelt es sich um eine Umsetzung des Klassikers in neuem grafischem Gewand. Ob die Wiederbelebung gelungen ist erfahrt ihr in unserem Test.
Die Wurzel allen Übels
Wie sollte es auch bei einem Castlevania-Spiel auch anders sein, ist erneut Graf Dracula die Wurzel allen Übels. Nicht nur dass er wehrlosen Personen das Blut aussaugt, nein, der Vater aller Vampire hat auch eine Vorliebe für das Entführen unschuldiger Jungfrauen. Dumm nur, das die im Jahre 1972 verschleppte Anette Renard Freundin von Richter Belmond ist, Mitglied der sagenhaften Belmond-Familie, die es sich seit Generationen zur Aufgabe gemacht hat, die Blutsauger vom Angesicht dieser Welt tilgen. Selbstredend, dass der Spieler in die Rolle von Richter Belmond schlüpft und sich auf die Suche nach seiner Holden macht. Da 1993 ein offenes Leveldesign noch ein Fremdwort war, ist das Abenteuer strikt in voneinander getrennte Level unterteilt, die jeweils thematisch unterschiedliche Schauplätze bieten. Im Gegensatz zum Leveldesign wurde die Grafik natürlich den heutigen Verhältnissen angepasst: alle Figuren und Levelobjekte stecken in einem zeitgemäßem Polygon-Gewand und vermitteln dadurch einen pseudo 3D-Effekt. Somit handelt es sich bei Castlevania: The Dracula X Chronicles quasi um einen 2,5 D Side-Scroller.
So verbringt ihr also eure Zeit damit durch die Level zu laufen, die zahlreichen Gegner zu vernichten und knifflige und haarsträubende Sprungpassagen zu meistern. Da allein dies jedoch auf Dauer etwas langweilt haben die Entwickler Unmengen an Verstecken und alternative Wegen ins Leveldesign gepackt. Es lohnt sich also, unscheinbare Blöcke zu zertrümmern oder in vermeintlich tödliche Abgründe zu springen. Die Belohnung für solch akribisches Suchen erfolgt meist in Form von Extras wie Braten oder Kuchen die als Lebensenergie fungieren, Geldsäcken, die euer Punktekonto anschwellen lassen, Extra-Waffen oder die typischen Herzen, die, entgegen jeder Logik, neue Munition für eure Waffen bereithalten. Versteckt sind diese überwiegend in den ebenfalls für Castlevania typischen Kerzen, die überall in den Level nur darauf warten von euch zertrümmert zu werden. Für besonders intensive Sucher winkt sogar das ein oder andere Musik-Stück als Belohnung, welches im Optionsmenü jederzeit angehört werden kann. Auf diese Weise könnt ihr quasi euren eigenen Soundtrack kreieren.
Der Weg durch die Katakomben, Schlösser, Geisterschiffte und Abwasserkanäle ist jedoch alles andere als ein Spaziergang. Nicht nur das verzwickte und abwechslungsreiche Leveldesign macht euch mit seinen Herausforderungen das Leben schwer: ihr werdet z.B. plötzlich von einem gigantischen Stier durch den Level gejagt, müsst unerwartet einstürzenden Brücken entkommen oder schwingenden Äxten ausweichen. Daneben versucht euch zusätzlich eine riesige Gegner-Schar in den Wahnsinn zu treiben. Vertreten ist dabei alles, was im Genre Rang und Namen hat: Skelette aller Art die mit ihren Knochen nach euch werfen, schwebende Medusen-Köpfe die euch bei Berührung versteinern, Ritterrüstungen mit langen und gefährlichen Speeren, Federn schießende Harpyen, Golems oder auch Skelettschlangen. Egal auf welchen Gegner-Typ ihr trefft, gefährlich sind sie alle. Wie es sich für einen "Old-School-Sidescroller" gehört, warten in regelmäßigen Abständen natürlich besonders dicke Brocken in Form von Zwischen- und End-Bosse darauf, von euch ins Jenseits geschickt zu werden. Auch hier haben sich die Entwickler mit vollen Händen bei der Mythologie bedient. Minotauren, Werwölfe, Drachen oder der Graf höchstpersönlich; hier ist alles vertreten.
Die Peitsche, dein Freund und Helfer
Glücklicherweise steht ihr all diesen Gegner-Horden aber nicht vollkommen schutzlos gegenüber. Als Richter Belmond´s Hauptwaffe fungiert die typische Peitsche, die dank ihrer Reichweite Gegner schon ins Nirvana befördern kann, bevor sie euch zu Nahe kommen. Sehr ärgerlich ist hingegen, dass lediglich Schläge nach vorn möglich sind. Gegner von oben oder unten stellen damit eine ganz andere Herausforderung dar. Daneben gibt es noch die typischen Extra-Waffen wie Wurf-Äxte, ein Bumerang-artiges Kruzifix, alles vernichtendes Weihwasser, eine die Zeit anhaltende Stoppuhr oder eine Bibel. Mit all diesen netten Dingen seid ihr recht wehrhaft, es kann aber immer nur eine Extra-Waffe getragen werden. Da die unterschiedlichen Gegner auch unterschiedlich auf die jeweiligen Waffen reagieren, kann diese Wahl mitunter entscheidend für den weiteren Fortschritt sein.
Der gute Richter Belmond ist aber nicht der einzige Charakter, mit dem ihre euch durch die Level schlagt. Im weiteren Spielverlauf stößt noch die 12-jährige Maria Renard dazu und kann von da an im Optionsmenü ausgewählt werden. Sie ist die Schwester der entführten Anette Renard und besitzt im Gegensatz zu Belmond weniger Energie, läuft dafür jedoch schneller und lässt sich einfacher steuern. Als Hauptwaffe bringt sie zwei weiße Eulen mit, die sie nacheinander auf anstürmende Gegner feuert. Auch ihre Extra-Waffen wie ein Drache oder eine Katze unterscheiden sich von denen Belmonds. Darüber hinaus verfügen beide noch über alles vernichtende Spezialattacken, die jedoch bei Einsatz eine ganze Menge Herzen kosten und deren Einsatz deswegen Weise gewählt sein will.
Dieser zusätzliche Charakter sorgt mit seinen anderen Fähigkeiten nochmals für eine gehörige Portion Motivation. Da die Level jederzeit im Hauptmenü nochmals ausgewählt werden können und Maria durch ihre Fähigkeiten stellen erreicht, die Belmond verwehrt bleiben, ist es ratsam, alle Level auch mit beiden Charakteren zu erforschen. Bei der Levelauswahl wird glücklicherweise angezeigt, im welchem Gebiet noch ein Zwischengegner bezwungen werden muss oder eine alternative Route zu finden ist.
Doppelsprung? Old-School ist eben Old-School!
Das mag ja alles prima klingen, bringt aber nichts, wenn die Spielbarkeit zu wünschen übrig lässt. Hier können wir, zumindest teilweise, Entwarnung geben. Die Steuerung ist eingängig und nicht sehr kompliziert: gerade einmal drei Knöpfe benötigt der geneigte Vampirjäger. Springen, schlagen und Spezialattacken einsetzen ist alles, was getan werden muss. Beim Bewegungs-Repertoire der Charaktere blieben die Entwickler allerdings genauso spartanisch. Belmond kann lediglich springen, sich ducken und zuschlagen, und das auch nur in eine Richtung. Er verfügt zwar noch über einen Doppelsprung, dieser wird jedoch nach hinten ausgeführt und muss sehr gut getimed sein, um nicht in einem Abgrund oder auf dem Speer eines Gegners zu landen. Das Sprungverhalten ist zudem recht schwerfällig ausgefallen. Einmal abgesprungen ist die Sprungrichtung nicht mehr zu ändern und man fällt schnell wieder zurück auf den Boden. Ein Umstand, an den man sich erst gewöhnen muss und der die zahlreichen Sprungpassagen recht knifflig macht. Glücklicherweise ist das bei Maria anders. Sie kann zwar auch nur springen, schlagen und sich ducken, dafür beherrscht sie den typischen Doppelsprung und lässt sich wesentlich einfacher und leichtfüßiger steuern, was für Anfänger eine erhebliche Erleichterung darstellt.
Früher war alles besser?
Hat sich Konami bisher bei fast allen Komponenten am in die Jahre gekommenen "Rondo of Blood" orientiert, egal ob beim Aktionsrepertoire der Charaktere oder beim strickten unterteilen in einzelne Level. Glücklicherweise und um natürlich überhaupt ein Remake des Klassikers zu rechtfertigen, hat man die Technik den Fähigkeiten der PSP angepasst. Die Story wird durch Rendersequenzen sowie Cut-Scenes und Dialoge in Spielgrafik fortgeführt. Auch wenn selbige nicht sehr anspruchsvoll ausfällt, wissen diese technischen Erweiterungen doch zu gefallen. Charaktere, Gegner und Umgebung sind zudem komplett ins Polygon-Gewand gekleidet, wodurch ein schicker Pseudo-3D-Effekt entsteht. Die Hintergründe und Level sind liebevoll gestaltet und wissen durch eine stimmungsvolle Farbgebung, nette Effekte und geschmeidig animierte Charaktere zu gefallen. Auch das Leveldesign, wenn auch Old-School, wurde durch viele Spielereien und Geschicklichkeitseinlagen aufgewertet. Da werdet ihr plötzlich von einem wilden Stier durch den Level gejagt, müsst einstürzenden Brücken entkommen oder schwingenden Äxten ausweichen. Egal was euch erwartet, Wiederholungen gibt es im Spieldesign so gut wie keine. Auch die Settings sind abwechslungsreich gestaltet. Egal ob Geisterschiff, Gruften oder prachtvolle Schlösser, dem Auge wird immer etwas geboten. Als besonderes Schmankerl, und quasi schon alleine deswegen den Kauf wert, wurden die Original-Versionen von "Rondo of Blood" und, man höre und Staune, des PSone-Klassikers "Symphonie of Night" als freischaltbare Extras mit auf die UMD gepackt. Allein "Symphonie of Night" gilt unter Liebhabern als bester Castlevania-Titel aller Zeiten und bietet für sich allein gesehen nochmals gute 15 Stunden Spielspaß.
Auch beim Sound hat man sich an bewährtem orientiert. Die musikalische Untermalung von Michiru Yamane ist im typischen Castlevania-Stil gehalten und fesselt euch mit teils treibenden, teils pompösen Musikstücken an die PSP. Bei der Sprachausgabe hat man es bei Englisch und, Puristen wird es freuen, Japanisch belassen. Lediglich die Introsequenz ist überraschenderweise in Deutsch gehalten. Was die Entwickler dazu bewogen hat werden wohl nur sie selbst wissen.
Fazit:
Castlevania: The Dracula X Chronicles ist ein sehr gutes Remake geworden und reiht sich damit nahtlos in die Reihe von Titeln wie Ghots´n Goblins für PSP ein, deren Old-School-Wurzeln beibehalten und durch eine ansprechende Präsentation runderneuert wurden. Dracula X Chronicles macht eine Menge Spaß. Das Level-Design ist fordernd und bietet Tonnen versteckter Extras und geheimer Wege, die Gegner sind schwer und die Steuerung simpel und eingängig. Durch den zweiten spielbaren Charakter Maria Renard, mit der bereits besucht Level nochmals erforscht werden können, ist auch für die nötige Langzeitmotivation gesorgt. Die freispielbaren Vollversionen von "Rondo of Blood" und vor allem "Symphonie of Night" runden das Alles hervorragend ab. Und sogar Multiplayer werden angesprochen: im sogenannten "Boss-Rush-Modus" könnt ihr euch zu zweit den Endgegnern stellen.
Kommen wir zum größten Kritikpunkt von Castlevania: The Dracula X Chronicles: Es ist schwer, verdammt schwer. Das Spiel stellt euch mehr als einmal vor haarsträubende Sprungpassagen und gnadenlose Gegner. Die überaus penible Kollissions-Abfrage und die etwas träge Steuerung tragen ihren Teil dazu bei. Jede kleinste Berührung eines Gegners wird sofort mit Energieabzug bestraft, und regelmäßig habt ihr es mit mehreren Gegner-Typen gleichzeitig zu tun. Sehr ärgerlich ist, dass die jeweiligen Waffen weder nach oben noch nach unten gerichtet werden können, sodass ihr in diesen Seiten schutzlos seid und häufig Energieabzüge in Kauf nehmen müsst. Das Speichersystem verstärkt diese Frustmomente zusätzlich. Habt ihr drei Leben ausgehaucht, geht es zurück an den Level-Anfang, egal wo ihr euch gerade befindet. Besonders wenn man beim Level-Boss scheitert sehr ärgerlich. Es gibt zwar eine Quick-Save-Funktion, dieser Speicherstand ist jedoch nach dem ersten Game Over wieder futsch. Hier hat man sich doch stark an den alten Tagen orientiert, in denen man Spiele noch ohne Speicherfunktion am Stück durchspielte. Dennoch muss man sagen, dass mit der richtigen Übung und dem nötigen Durchhaltevermögen jeder Level zu meistern ist. Die Gegner befinden sich bei jedem Durchgang an derselben Stelle, sodass schon allein stures verinnerlichen der Level der Schlüssel zum Erfolg ist. Dieses Retro-Spielprinzip wird jedoch nicht jedem zusagen.
Alle Spieler mit starken Nerven, der Fähigkeit sich durchzubeißen und dem Wunsch danach in alten Zeiten zu schwelgen, sollten sich diesen Titel zulegen. Alle Anderen spielen vorher Probe.
Positiv:
- nette Präsentation
- zeitgemäßes Polygon-Gewand
- "Rondo of Blood" und "Symphonie of Night" als freischaltbare Extras
- Forderndes Leveldesin
- Viele versteckte Extras und alternative Wege
Negativ:
- sehr, sehr schwer
- Old-School-Spielprinzip
- Wenig Bewegungsrepertoire der Hauptcharaktere
- kaum erwähnenswerte Story