Thrillville: Verrückte Achterbahn
Freizeitparks üben eine besondere Faszination aus: sie sind bunt, laut, bieten eine riesige Auswahl an Fahr-Attraktionen und haben wohl im Urlaub eines jeden bereits einmal auf dem Plan gestanden. Ein Ort, an dem man sich rundum wohl fühlen könnte, wären da nicht auch schmerzenden Beine, meterlange Schlangen vor den Karussell und pausenlos quängelnde Kinder. Das muss doch auch bequem von der Couch gehen, dachten sich die Jungs von Activision und lassen mit Thrillville seit langem wieder einmal eine Park-Simulation auf Wii-Besitzer los. Aufbau-Klassiker wie Theme Park haben es vorgemacht, Thrillville will das alte Prinzip mit frischen Ideen und neuen Ansätzen weiterentwickeln. Ob sich ein Kauf schließlich lohnt?
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Spielmodi und Gameplay[/b]
Im Start-Menü von Thrillville erwarten einen die üblichen Punkte: Karriere-Modus (das Herzstück des Spiels), Party-Spiel (spielt eine Reihe von Minispielen mit bis zu drei weiteren Mitspielern) und der Achterbahn-Baumodus, mit dem eine Achterbahn nach den eigenen Vorstellungen kreiert werden kann. Im Karriere-Modus schlüpft man in die Rolle eines frischen Parkbesitzers, dessen Aufgabe darin besteht, der Vergnügungspark-Kette Thrillville zu Ruhm und Reichtum zu verhelfen. Sind Aussehen und Name des Charakters den eigenen Wünschen angepasst, geht es in den ersten von insgesamt 5 freischaltbaren Parks. Bereits beim Tutorial wird klar, dass mit Thrillville keine typische Aufbausimulation auf den Spieler wartet. Anstatt einen Cursor aus der Vogelperspektive über eine Karte zu bewegen und Stück für Stück einen Park zu kreieren, befindet man sich direkt mit seiner Spielfigur im Park und kann darin nach Herzenslust herumlaufen. Ein Blick ins stets zuschaltbare Spiel-Menü gibt einen guten Überblick darüber, welche Aufgaben in den folgenden Stunden zu bewältigen sind. Grundsätzliches Ziel ist es, so viele Besucher wie möglich in den Park zu locken und diesen erfolgreich zu managen.
Der erste Schritt auf dem Weg dorthin besteht darin, Attraktionen wie Achterbahnen, Läden oder Arcade-Spiele auf dafür vorgesehene, freie Flächen zu bauen. Beim Bau muss auf viele Faktoren geachtet werden: wie hoch sind der Preis und der Stromverbrauch, fallen Wartungskosten etc. Ein umfangreiches Management-Menü gibt einem schließlich die Möglichkeit, das Aussehen wie z.B. die Farben anzupassen oder beispielsweise den Eintrittspreis anzuheben oder zu senken. Kreative Naturen kreieren gleich ihre eigene Achterbahn. Steht schließlich die erste Attraktion, kommen auch schon Besucher angelaufen und lassen die Kassen klingeln. Das damit verdiente Geld kann nun in weitere Maßnahmen investiert werden, denn mit dem Bau von Fahrgeschäften allein ist es nicht getan.
Um eurem Park zu mehr Bekanntheit zu verhelfen, sollte z.B. ab und zu eine Marketing-Kampagne durchgeführt werden, was sich anfangs darauf beschränkt, in Magazinen für einen gewissen Zeitraum Werbung zu veröffentlichen. Ebenso ist man ohne helfende Hände komplett aufgeschmissen, weshalb die nächsten Schritte darin bestehen sollten, Personal einzustellen: Ingenieure reparieren die Attraktionen, Platzwarte halten den Park sauber und Animateure in Form von Chearleader heitern die Besucher auf. Auch in deren Weiterbildung sollte investiert werden, was in Form verschiedener Mini-Spiele geschieht. Um dem Ingenieur beispielsweise eine Weiterbildung zu spendieren, müssen auf Schalterplatten die Chips in der richtige Reihenfolge miteinander verbunden werden. Chearleader werden durch eine typische Tanz-Spiel-Einlage schlauer.
Um schließlich wichtiges Feedback für die geleistete Arbeit zu erhalten, sucht man das Gespräch mit den zahlreichen Parkbesuchern. Eine Reihe von Optionen stehen dabei zur Verfügung: fragt, wie ihnen der Park gefällt, quetscht sie zu ihrem Privatleben aus, macht ihnen Geschenke oder flirtet eine Runde. Die daraus gewonnenen Informationen sollten klug genutzt werden, um den Park weiter zu verbessern.
Ein Missions-Menü hilft dabei, eine gewisse Struktur in die Fülle an Aufgaben zu bringen. Dort werden bestimmte Aktionen vorgeschrieben, wie z.B. Baue Achterbahn XY, Rede mit dieser Person oder knacke in einem bestimmten Spiel den Highscore. Hält man sich strickt an diese Aufgaben, hagelt es Erfahrungspunkte, welche euren Manager-Status nach oben schnellen lassen. Das Erreichen höhere Stufen schaltet wiederum neue Parks, Attraktionen und Aufgaben frei.
Features
Doch Thrillville bietet auch abseits der Erfüllung von Missionsaufgaben viel Abwechslung. Ein Clou ist z.B., das jedes der Spiele, die im Park erreichtet werden, selbst gespielt werden können, und das sind immerhin rund 50 Stück. Zwar schwangt die Qualität der Spiele teilweise von billig und anspruchslos bis spaßig und motivierend, wer aber in jedem einen eigenen Rekord aufstellen möchte, ist eine ganze Weile beschäftigt. Es können sogar Besucher zu einem Duell herausgefordert werden. Auch Achterbahnen können jederzeit Probe gefahren werden, wobei verschiedene Kameraperspektiven zur Verfügung stehen. Insgesamt eine nette Idee, aber nicht sehr spektakulär oder gar nützlich. Überall im Park sind Extras wie geheime Blaupausen versteckt, die fleißige Sucher durch das Freischalten neuer Attraktionen für ihren Entdecker-Drang belohnen.
Um schlechte Kritiken der Presse zu vermeiden, sollte man sich auf die herumlaufenden Journalisten konzentrieren. Fangt mit ihnen Gespräche an um herauszufinden, was ihnen eventuell nicht an eurem Park gefallen hat. Mitunter hilft sogar ein kleines Bestechungsgeschenk wie z.B. eine Eintrittskarte, um die nächsten Kritiken wesentlich besser ausfallen zu lassen.
Passionierte Acherbahnfahrer werden sich im Achterbahn-Baumodus wohl fühlen, in dem auf einfache Art und Weise nach Herzenslust an neuen Konstruktionen geschraubt werden kann. Neben steilen Anstiegen, extrem Gefällen oder scharfen Kurven können auch Loopings, Sprünge durch brennende Reifen, Schrauben und noch vieles andere eingebaut werden. Je extremer die Achterbahn ausfällt, desto höher ist auch deren Nervenkitzel-Faktor, welcher wichtig ist, um viele Besucher in den Park zu locken. Ist die Konstruktion vollendet, besteht noch die Möglichkeit das Aussehen, die Anzahl an Wagen je Durchgang oder deren Geschwindigkeit festzulegen, bevor man sich in verschiedenen Perspektiven auf seine eigene Achterbahn wirft, um die erste Fahrt zu genießen. Im Baumodus kreierte Bahnen können schließlich gespeichert und in den eigenen Park eingefügt werden.
Steuerung
Erscheint ein Spiel für Wii, hat man immer große Erwartungen an eine unterhaltsame und innovative Verwendung des Controllers. Dies ist mit Thrillville durchaus gut gelungen. Mit dem Analogstick des Nunchuk wird der Charakter durch den Park gesteuert, Fahrgeschäfte an der richtigen Stelle platziert oder aber auch durch die Menüs navigiert. Die Wii-Mote dient als eine Art Allround-Peripherie. Damit wird ständig ein Cursor über den Bildschirm bewegt, mit dem ebenfalls durch die Menüs gesurft oder alles und jeder angeklickt werden kann, um gewisse Aktionen zu auszuführen. Im Achterbahn-Baumodus dient die Bewegungserkennung dazu, die Richtung und Höhe der einzelnen Achterbahn-Abschnitte durch einfaches bewegen der Wii-Mote zu bestimmen, was das Bauen sehr einfach und spaßig macht. Besonders nutzen jedoch die zahlreichen Minispiele die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten. Hier alle aufzuzählen würde den Rahmen des Tests sprengen, vom Schütteln über genaues Zielen oder exaktes Bewegen ist aber alles vertreten. Bei allen Anwendungsmöglichkeiten arbeitet die Bewegungserkennung, bis auf einige Ausnahmen, recht präzise. Im Großen und Ganzen gewöhnt man sich sehr schnell an die Steuerung und kommt mit der Fülle an Möglichkeiten gut zurecht.
Präsentation / Grafik / Sound
Wir wollen ehrlich sein: Bei der Präsentation hat die Wii bisher nur selten wirklich aufgetrumpft, bei Thrillville werden aber mit Sicherheit auch die am tiefsten gesteckten Erwartungen noch enttäuscht. Grobe Texturen, Treppchenbildung an allen möglichen Kanten, miese Charakter-Modelle mit katastrophaler Animation und undetaillierte Park-Attraktionen sind keine wirkliche Augenweide. Es wird zwar versucht, durch im Park umherlaufende Menschenmassen, fahrende Achterbahnen und je nach Attraktion unterschiedlicher Musik eine gewisse Freizeitparkatmosphäre zu kreieren, das gelingt jedoch nur zum Teil. Von Zeit zu Zeit versuchen kleine, gerenderte Filmchen den Gesamteindruck zu verbessern, aber auch das ist nicht wirklich von Erfolge gekrönt. Machen wir uns nichts vor: Thrillville sieht mies aus. Auch die Minispiele lassen grafisch zu wünschen übrig, was in diesem Fall aber zu verschmerzen ist, sind diese doch von Natur aus auf Spielspaß und weniger auf Grafik fixiert.
Thrillville ist aber ein Spiel-Typ, der nicht hautpsächlich von einer guten Grafik leben muss, und hat deshalb auch gute Seiten vorzuweisen. Beispielsweise ist die für Aufbau-Spiele elementare Menüführung gut gelungen und lebt von einem überlegten und durchdachten Aufbau. Anfangs noch etwas chaotisch und unübersichtlich, steigt man schnell hinter das Prinzip und klickt sich schnell und unkompliziert durch die zahlreichen Möglichkeiten, sodaß nach eine gewissen Zeit auch Spielspaß aufkommt.
Eine Überraschung beim Test war der Sound. Sicher, die deutsche Sprachausgabe ist, wie fast schon zu erwarten war, höchstens Durchschnitt und die Jahrmarktgeräusche sind mit wildem Gedudel oder lautem Achterbahn-Gerassel auch nicht besonders hervorstechend. Wirklich gut ist hingegen die musikalische Untermalung gelungen, die einem mit launigen Pop- und Rocksongs die Menüs oder das ein oder andere Minispiel deutlich versüßt. Hier wurde wirklich gute Arbeit geleistet.
Multiplayer
Um den Spieler nicht komplett vom Karriere-Mouds abhängig zu machen, haben die Entwickler noch einen Multiplayer-Part integriert. Eine weise Entscheidung, sind die rund 50 Minispiele doch eines der wichtigsten Features in Thrillville. Im sogenannten Party-Spiel können die Minispiele für eine Einzelsession ausgewählt und am eigenen Highscore geschraubt werden, ohne dafür in den Karriere-Modus wechseln zu müssen. Im Kampf-Modus treten bis zu vier Spieler gegeneinander an, während im Coop-Modus das richtige Teamwork gefragt ist. Alles in allem eine spaßige Angelegenheit, die auch noch für Unterhaltung sorgt, wenn der Karriere-Modus ausgereizt wurde.
Fazit:
Die Idee ist gut: einen eigenen Vergnügungspark aufzubauen und darin alle Attraktionen selbst spielen zu können klingt nach einer Menge Spaß. Und tatsächlich, für eine gewisse Zeit macht Thrillville auch Spaß. Zu Beginn erhält man sehr schnell viele Erfahrungspunkte, die den eigenen Manager-Level nach oben treiben und neue Optionen und Bau-Möglichkeiten freischalten. Die Mini-Spiele sorgen für kurzweilige Unterhaltung und sind ein Ansporn, viele verschiedene Arcade-Attraktionen in den Park einzufügen. Der Achterbahn-Baumodus bietet die Möglichkeit, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen, und dank der einfachen Menüführung erhält man schnell zufriedenstellende Ergebnisse. Klasse ist auch die Option, die eigene Achterbahn in den Park zu stellen.
Es gibt aber eine Menge störende Details, die Thrillville den Vorstoß in höhere Wertungsregionen verwehren. Zum einen handelt es sich nicht wirklich um eine reinrassige Aufbausimulation. Der Aufbau und das Setting der Parks sind vorgegeben, als Spieler hat man lediglich die Möglichkeit, neue Attraktionen hinzuzufügen oder andere zu beseitigen, um etwa für eine große Achterbahn platz zu machen. Eindeutig zu wenig Möglichkeiten für Aufbau-Fans. Unverständlich ist auch, dass pro Park nur jeweils ein Exemplar einer Attraktion gebaut werde kann. Sich mit jedem Besucher im Park unterhalten zu können und auf diese Weise Feedback zur eigenen Arbeit zu erhalten ist eine gute Idee, die Gespräche leiden aber unter der schlechten deutschen Synchronisation und einfallslosen Dialogen. Die miese Präsentation tut ihr übriges, um Thrilville in der Mittelmäßigkeit verschwinden zu lassen.
Thrillville hatte das ambitionierte Ziel, viele Spiele zu vereinen, was am Ende darin endete, das keines der Features richtig ausgearbeitet wurde. Leute, die mit einer Mischung aus einer nicht sehr anspruchsvolle Aufbausimulation und vielen Mini-Spielen leben können, dürfen durchaus einen Blick riskieren.
Positiv:
nette Mischung aus Aufbau-Sim und Mini-Spielen
50 Mini-Spiele, die auch einzeln oder im Multiplayer gespielt werden können
eingängige Menüführung
guter Soundtrack
Negativ:
miese Präsentation
zu wenig Möglichkeiten für eine echte Aufbau-Sim
schlechte Synchronisation
viele Mini-Spiele nicht sehr unterhaltsam
nur 5 Parks