Mit Card Shark erzählen Entwickler Nerial eine Adelsgeschichte über das Frankreich des 18. Jahrhunderts und kombinieren diese mit einem Geschicklichkeitsspiel. Die namensgebenden Spielkarten nehmen zwar eine Rolle im Spiel ein, besitzen aber größere Relevanz für die Erzählung als für das Gameplay. Trotzdem sollte man nach Beendigung des Spiels den ein oder anderen Trick zweifelhafter Natur kennengelernt haben, mit dem man die nächste Pokerrunde für sich entscheiden kann.
Intrigen in erlauchten Kreisen
Wenden wir uns aber erstmal der Geschichte zu. Diese bedient sich einer klassischen Einleitung von Adelsgeschichten, da der Protagonist nur ein vermeintlich einfacher, wenn auch stummer, Kellner in einem Gasthaus in Pau im Südwesten Frankreichs ist. Eines Tages kommt ein Gast adeliger Natur vorbei und beginnt gegen andere Gäste Karten zu spielen. Dabei ist ein Geldeinsatz vorhanden, weshalb der adelige Gast unseren Kellner einspannt, um sich einen Vorteil zu verschaffen. In dem Rahmen lernt man den ersten Kartentrick, welcher noch simpel auszuführen ist. Trotzdem endet das Spiel eher unglücklich und die Inhaberin des Gasthauses wird erschossen. Da unser Kellner hierfür der passende Sündenbock ist, schließt er sich dem adeligen Trickbetrüger, dem Comte de Saint-Germain, an und flieht mit diesem in ein Lager von Landstreichern.
Dieses Lager dient fortan als eine Art Basis, wobei man hier die erzielten Gewinne spenden kann, um diverse Unternehmungen, wie Waisenhäuser, in Frankreich zu finanzieren. Von nun an nimmt der Comte de Saint-Germain unseren Kellner unter seine Fittiche und bringt ihm die Kartentricks bei, die es braucht, um ein erfolgreicher Trickbetrüger zu werden. Die Einsätze führen die beiden quer durch Frankreich bis nach Versailles an den Tisch Louis XV., da das Kartenspielen ein elementarer Bestandteil der Adelskreise im Spiel ist. Bis nach Versailles ist es allerdings ein Weg voller Wendungen, weshalb man zuerst in Südfrankreich unterwegs ist und dort gegen diverse Adelige spielt, schließlich lässt sich bei diesen das meiste Geld holen.
Dabei kommt es de Saint-Germain nicht nur aufs Geld an, sondern auch auf diverse Informationen, welche die Kontrahenten besitzen. Mit Hilfe dieser Informationen kommt man nach und nach einem Geheimnis von Louis XV. auf die Schliche, welches ebenfalls über die Vergangenheit unseres Kellners aufklärt. Als Waise möchte dieser natürlich mehr über die eigene Herkunft erfahren. Insgesamt ist die Geschichte voller Wendungen und Enthüllungen, sodass schnell ein Spannungsbogen etabliert wird, welcher bis Spielende nicht abreißt. Vor allem im letzten der vier Kapitel bildet die Erzählung die Hauptmotivation, das Spiel bis zum Ende zu verfolgen. Dabei mögen zwar einige Wendungen vorhersehbar sein, trotzdem sind die Charaktere nachvollziehbar geschrieben sowie auf ihre eigene Art und Weise charmant.
Übung macht den Trickbetrüger
Auf den ersten Blick mag man Card Shark für ein Kartenspiel halten, aber im Kern handelt es sich um ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem eine schnelle Reaktionsfähigkeit gefragt ist. Somit lässt es sich eher mit Rhythmusspielen vergleichen, deren Gameplay daraus besteht, rechtzeitig bestimmte Tasten zu drücken. Bei Card Shark bezieht sich dies nicht nur auf die Tasten, sondern auch auf Bewegungen mit dem Joystick bzw. der Maus, welche akkurat ausgeführt werden müssen. Als Zeitlimit fungiert hier die Geduld bzw. das Misstrauen des Gegenspielers am Tisch, deren Anzeige sich nicht komplett füllen sollte. Ansonsten wird man des Betrügens bezichtigt und der entsprechende Einsatz schlägt fehl, was häufig mit dem eigenen Leben bezahlt wird.
Ein Einsatz läuft in der Regel gleich ab. Auf der Hinfahrt zum Einsatzort lehrt de Saint-Germain einen der zahlreichen Kartentricks, welche später am Spieltisch ausgeführt werden. Die entsprechenden Kartentricks werden im Spielverlauf komplexer und damit anspruchsvoller, wodurch der Herausforderungsgrad stetig anzieht. In späteren Missionen werden die Kartentricks miteinander kombiniert, wobei es einer zügigen Ausführung bedarf, um eine Runde zu gewinnen. Gewinnt oder übersteht man drei Runden einer Partie, gilt ein Einsatz als abgeschlossen und der nächste Ort wird auswählbar.
Bei den späteren Kartentricks kommt es nicht nur auf die eigene Geschicklichkeit an, sondern auch die eigene Auffassungsgabe ist gefragt, um zum Beispiel die markierten Spielkarten den richtigen Spielern zuzuteilen. Die so entstehenden Rätsel lockern die Missionen etwas auf, selbst wenn die verlangte Reihenfolge der Interaktionen zuerst etwas verwirrend sein mag. Sofern man beim Lernen der Kartentricks den Kniff nicht erkennt, erbarmt sich de Saint-Germain und erklärt die Ausführung im Detail. Im Verlauf der Geschichte sind diverse Entscheidungen ebenfalls als Rätsel integriert, bei denen die richtige Antwort essenziell für das eigene Überleben sind.
Zumindest sind die Auswirkungen des eigenen Todes überschaubar, da man in eine Art Zwischenwelt gelangt, in der man gegen die Dame der Toten im Kartenspiel antritt. Gewinnt man diese Partie, wird man zurück in die Welt der Lebenden geschickt und beginnt einen Einsatz von neuem. Zusätzlich werden noch ein einfacher Modus sowie ein Hardcore-Modus angeboten. Der einfache Modus richtet sich an Spieler, die vornehmlich die Geschichte genießen wollen und gestaltet die Herausforderungen dementsprechend simpel. Im Hardcore-Modus hingegen sollte man nicht das Spiel gegen die Dame der Toten verlieren, da ansonsten das Spiel ein vorzeitiges Ende findet und man von Anfang an beginnen muss.
Opulente Präsentation
Stilistisch passt der gewählte Comic-Stil zum Setting des Spiels und unterstreicht die Stimmung der jeweiligen Einsatzorte. Dabei sind die Umgebungen farbenprächtig ausgearbeitet, lenken aber nicht vom eigentlichen Geschehen ab. Besonders in Bezug auf das Gameplay hilft der Grafikstil bei der Lesbarkeit der Situationen, sodass die relevanten Spielelemente immer klar ersichtlich sind. Hierzu gesellt sich der orchestrale Soundtrack, welche die jeweiligen Situationen ansprechend begleitet und zur Atmosphäre des Spiels beiträgt. Auf technischer Seite sind keine Probleme oder Bugs beim Spielen aufgefallen.
Abschließend kann man festhalten, dass einen bei Card Shark eine einzigartige Spielerfahrung erwartet. So bilden die einzelnen Aspekte, Geschichte, Gameplay und Artdesign, zusammen ein gelungenes Gesamtwerk und greifen wunderbar ineinander. Dabei ist die durchschnittliche Spieldauer von ungefähr sechs Stunden gut bemessen, da sich das Ausführen der einzelnen Kartentricks bzw. Geschicklichkeitsherausforderungen gegen Ende des Spiels etwas abnutzt. Weil die Geschichte im Schlussakt an Fahrt aufnimmt, ist dies zumindest verschmerzbar. Der Wiederspielwert ist eher gering, da die Hauptfaszination von der Geschichte ausgeht, welche nun mal zu Ende erzählt ist. Trotzdem sind mit dem Hardcore-Modus und dem Freischalten aller Achievements noch einige Herausforderungen enthalten. Übrigens, um die Kartentricks aus dem Spiel wirklich in der Praxis anwenden zu können, bedarf es noch einiger Übung oder zumindest Schminke.