Nach achtjähriger Entwicklungszeit veröffentlicht Joakim Sandberg sein wunderschönes Opus Magnum, Iconoclasts. Das Spiel wurde in der Vergangenheit häufig dem Metroidvania-Genre zugeordnet. Doch wie viel Metroidvania steckt tatsächlich drin?
Die Welt des Spiels ist deutlich linearer und übersichtlicher aufgebaut als die der Genreblaupause Super Metroid. Anstatt ein riesiges in sich selbst verschlungenes Labyrinth zu erkunden, bewegt der Spieler sich durch eine Abfolge kleinerer non-linearer Abschnitte. Zu Backtracking kommt es nur vergleichsweise selten. Ein weiterer Bruch mit der klassischen Genreformel liegt in der dominanten Erzählung des Spiels. Ein knappes Zehntel der etwa zwölfstündigen Spielzeit dürfte man damit beschäftigt sein, sich durch Textboxen zu klicken.
Trotz des minimalistischen Pixelart-Stils, gelingt es Iconoclasts, eine packende Handlung zu erzählen. Diese erinnert ein wenig an die Final Fantasy-Ableger der PS1-Ära. Die Dominanz eines religiösen Kultes, das rücksichtslose Ausbeuten begrenzter Ressourcen sowie der Widerstand gegen diese radikalen Bewegungen bilden die Kernthemen der Erzählung. Dass das Ganze so gut funktioniert, ist vor allem dem kompetenten Schreibstils des Entwicklers geschuldet. Im englischen Original werden Plot und Charaktere erfolgreich herübergebracht. Auch die deutsche Übersetzung ist, trotz einiger sperriger Formulierungen, grundsätzlich gelungen. Leider verliert sich das Spiel in beiden Sprachfassungen manchmal zu sehr in fiktiven Fremdwörtern. Somit kann das Begreifen der politischen und religiösen Systeme der Spielwelt mitunter ein wenig Konzentration erfordern. Iconoclasts erreicht aber zu keinem Zeitpunkt die kryptischen Sphären eines Final Fantasy VIII oder XIII.
Auch spielerisch bricht Iconoclasts mit einigen Metroidvania-Konventionen. So bestehen die genretypischen optionalen Collectibles des Spiels nicht aus klassischen Upgrades für Gesundheits- bzw. Munitionskapazität. Stattdessen sollen seltene Crafting-Items den Spieler zur sorgfältigen Erkundung motivieren. Die Modifikationen, welche aus diesen Crafting-Items hergestellt werden, verleihen der Protagonistin kleine Statusboosts. Der Nutzen dieser Upgrades ist leider beschränkt, da stets nur drei zur gleichen Zeit ausgerüstet werden können. Außerdem zerbrechen die Modifikationen, sobald der Spieler Schaden nimmt. Sie müssen dann während der nächsten Minuten durch das Aufsammeln kleiner Orbs wiederhergestellt werden. Der Schwierigkeitsgrad ist durchaus um diese ungewöhnliche Mechanik herum ausbalanciert. Allerdings bietet das Finden und Nutzen dieser Crafting-Items lange nicht dieselbe Befriedigung wie das Entdecken eines Energy Tanks oder Missile Containers in Metroid.
Selbst der Gewinn zusätzlicher Fähigkeiten, welcher die Essenz der meisten Metroidvanias ausmacht, fällt in Iconoclasts dürftiger aus. Anstatt den Spieler jede halbe Stunde mit neuen Waffen oder Moves zu überschütten, beschränkt Iconoclasts sich auf eine Hand voll Upgrades für die beiden Hauptwaffen der Protagonistin: Ihren Blaster sowie ihren Schraubenschlüssel. Diese wenigen Upgrades werden jedoch nicht nur im Kampf, sondern vor allem in Rätseln, äußerst effizient eingesetzt. Somit entsteht nur selten ein Gefühl von Eintönigkeit oder Stagnation. Vor allem die vielen aufwendigen Bosskämpfe nutzen sämtliche Fähigkeiten auf gelungene Weise. Leider erfordert das Entdecken der Schwächen eines Bosses gerade auf dem höheren Schwierigkeitsgrad ein wenig Trial-and-Error. Die Checkpoints vor jedem Bosskampf machen das häufige Scheitern beim Erlernen dieser Kämpfe aber zu vernachlässigbaren Spitzen in der Frustskala des Gesamtspiels.
Abseits der Action und Rätsel wartet Iconoclasts regelmäßig mit ruhigeren erzählerischen Levelabschnitten auf. In diesen soll der Spieler meist ein weitläufiges, spielerisch leeres Areal nach einem bestimmten NPC durchkämmen. An diesen Stellen liegen die mit Abstand größten spielerischen Tiefpunkte des Spiels. Die stumpfen Suchaufgaben sind weder herausfordernd, noch sonderlich atmosphärisch. Ein kleiner Zielmarker hätte hier Wunder gewirkt. Stattdessen kommt regelmäßig die altbekannte „Rede mit jedem NPC in einer neuen Stadt“-Langeweile auf.
Bei der PS Vita-Version des Spiels gibt es keine allzu großen Abstriche. Das Buttonlayout erfordert schon auf der PS4 nur wenige Tasten und funktioniert dementsprechend gut auf dem Handheld. Lediglich die hübsche Pixelart der großen Version wirkt auf dem kleinen Bildschirm ein wenig gedrängt. Es fehlt die gestochene Schärfe, wie z.B. Axiom Verge auf der Vita sie bietet. Es scheint als liefe Iconoclasts nicht in den nativen 544p der Vita. Auch der Verzicht auf Cross-Save ist äußerst ärgerlich, da man sich somit vor dem Starten, bzw. zu Beginn des Spiels auf eine Version des Spiels festlegen muss. Wer großen Wert auf das flexible Wechseln zwischen stationärem und portablem Spielen legt, ist eventuell besserer beraten, auf die - bisher nur angedeutete, aber letztendlich unabwendbare – Switch-Version zu warten.