BWAAAAAAH! So ähnlich klingt der erste Gedanke an Ubisofts Rabbids. Doch kaum ein Titel mit ihnen konnte für solch einen Wirbelsprung ala Mario sorgen, wie dieses spezielle Zusammentreffen mit Nintendos größter IP, als taktisches rundenbasiertes Rollenspiel.
Schließlich wurde lange um dieses Crossover zwischen Mario und den Rabbids spekuliert, so existieren bereits im Oktober 2016 erste Gerüchte. Selbst bei der Jubiläumsfeier von Ubisoft gab es dezente Hinweise, in Form von Mario Rabbids Figuren, doch waren auch Zweifel vorhanden, als es nicht beim Switch Enthüllungs-Event im Januar vorgestellt wurde. Letztlich sollte der Vorhang zur E3 2017 groß mit Shigeru Miyamoto's Auftritt auf der Ubisoft Bühne, mit einer unter Ubisofts Creative Director Davide Soliani rührenden dreijährigen Entwicklungsgeschichte, fallen.
Dennoch blieb immer die Frage offen, ob denn diese eigenartige Mischung wirklich funktionieren kann und ob es eigentlich ein Spiel darstellt, dass die breite Fangruppe will? Im folgenden Test vermitteln wir nun unsere Eindrücke darüber.
Eine hasig-klempnerische Komposition in Kunterbunt
Einer der wohl größten Zweifel im Vorfeld fokussierte sich auf die Sorge einer eher geschäftlichen Beziehung um den Titel und dass der Slapstick Humor nicht ins Mario Universum passen würde. Zur Zeit der Gerüchte war dies eine berechtigte Sorge, denn selbst die Entwickler hatten mächtigen Druck mit der Handhabe dieser Idee: Machen wir es richtig? Wird das so funktionieren, wenn die Fans Zweifel an dem Konzept haben?
Herausgekommen ist ein untypischer Nintendo Titel, der sich immer noch nach Nintendo nun mit Ubisofts Rabbids anfühlt. Dafür versprühen die hochpolierte Aufmachung auf der Switch sowie Grant Kirkhopes musikalische Untermalung den gewünschten Charme. So ist nicht nur das Mushroom Kingdom mit Rabbids gemischt, sondern es wurde ein stimmiges Gesamtbild kreiert. Mario wirkt mario-hafter als in so manch anderen Mario Spin-Offs, Toad sowie Toadette suchen sich gegenseitig in dieser verzerrten Welt als sei es eine Natürlichkeit. In der auch Punk-Rabbids mit Goombas und Honig spielen, während arme Kugelwillis als Unterwäschen-Halter fungieren sollen.
Auch nach dieser Beschreibung klingt es so, als ob es nicht passen sollte - trotzdem ist dies der Fall - und zwar auf natürliche Weise. Habt ihr schon mal an eine Peach mit Feuerkanone gedacht, die nicht von Browser entführt wird und zusammen an der Seite mit ihrem Rabbid Gegenstück kämpft, obwohl diese ihr Kleid nicht mag? Wieso die Mischung so gut trotz dessen funktioniert ist leicht zu erklären. Das Herzblut der Beteiligten ist spürbar, sowie sind zahlreiche Referenzen in dieser Komposition untergebracht. Selbst Luigis tödliche Starren aus Mario Kart, ala Konami 2010 E3 Pressekonferenz, ist fester Bestandteil sowohl im Plot, als auch in seinen Fähigkeiten.
Mario und die Rabbids treffen auf X-COM?
Gerade zur Vorstellung wirkte das Spiel sehr von XCOM inspiriert und eine weitere Sorge war daher, dass es aufgrund der unterschiedlichen Zielgruppen mehr wie ein vereinfachtes XCOM enden würde. In der Tat sind einige Aspekte simplifiziert, so konzentriert sich das Spiel auf 0/50/100% Trefferchancen auch wenn separate runde Chancen, wie bspw. 30% für die Einwirkung von Supereffekten bestehen. Damit verfallen lästige 95% Chancen, die dann doch danebengehen. Diese Sichtweise mag zwar vereinfacht wirken, aber es macht die Schadensteilung ersichtlicher und sorgt so für weniger Frust an den schwereren Stellen als bei Fire Emblem.
Eine weitere Erleichterung ist das Wegfallen einer expliziten Reihenfolge. Jederzeit innerhalb der Runde kann ein Charakter ausgewählt werden und eine Aktion ausgeführt werden. Dabei können Aktionen aufgespart werden. Bspw. wenn Mario dran ist, lässt sich Rabbid Peach vor ihm hinter einen Stein zur Verteidigung platzieren, Mario springt dann auf sie, wird von einer Spezialfähigkeit vom Gegner getroffen und kann anschließend von Rabbid Peach wieder geheilt werden. Es gibt also keinen festgelegten Ablauf der Aktionen, da die Bewegung auch nach oder vor Waffeneinsatz und Spezialfähigkeit eingesetzt werden kann. Restriktiv wird es erst wenn zwei Spezialfähigkeiten eingesetzt werden sollen, da das Spiel nur eine pro Charakter in einem Zug zulässt. Ansonsten sind die negativen Supereffekte wie Honig (Bewegungsrestriktion), Eis (Spezialfähigkeitensperre), Versteinerung (Charaktersperre) etc. die beschränkenden Elemente.
Die Einblicke vom Tutorial trügen den Blick auf das Spiel, da dieses den Schwerpunkt auf taktische Elemente wie Fortbewegung und Skills der Charakter setzt, die mit dem graduell steigenden Schwierigkeit an Bedeutung gewinnen. So hat jeder Charakter seinen eigenen Skilltree zur Spezialisierung und auch Gegner haben ihre Spezialfähigkeiten. So kommen später bspw. unterstützende Rabbids hinzu, die sowohl Bomben mit einem geringen AoE Schaden werfen, als auch andere heilen können. Daneben gibt es noch Gegner mit Riesenblöcken, sogenannte Smasher, die ihren Schaden verstärken und auch innerhalb des Spielerzugs auf Schüsse reagieren.
Der wahre Trumpf liegt aber in der Fortbewegung. Neben der Basisattacke können Gegner für Extra-Schaden während des Zuges gestreift werden. Danach kann man in einer Röhre eintauchen, um weitere Reichweite zu gewinnen und mit einem Sprung danach auf ein nahes Teammitglied kann der Charakter weiter höhergelegene Stellen erreichen. Mit Mario lässt sich sogar die klassische Stampfattacke auf einen anderen Gegner ausführen. Durch Freischaltungen im Skilltree können sich die Aktionsreichweite, Schadensteilung sowie Anzahl der Aktionen weiter erhöhen. So können mehrere Streifungen, aber auch Sprünge, bspw. mit Luigi veranlasst werden.
Diese Optionen sind auch für die Gegner verfügbar. Insofern müssen böse Überraschungen erwartet werden, wenn weitentfernte Gegner plötzlich einen selbst streifen, um danach noch einen weiteren Schuss mit der Primärwaffen hinzulegen. Taktische Tiefe und Komplexität sind daher gegeben, nur mit einem anderen Schwerpunkt.
Eine weitere Hürde ist das Management der eigenen Lebenspunkte. So gibt es Heilung am Ende einer Reihe an Kämpfen, in Form von in der Welt verteilten Heilpilze oder durch Einsatz von Techniken. Peach hat sogar einen heilenden Sprung. Abseits davon, ist es dennoch leicht mit Nachteil in einen Kampf zu geraten.
Erkundung im Rabbid Gewand
Wem die rundenbasierte Kämpferei zu viel wird, der kann sich mit den Erkundungselementen im rabbifizierten Mushroom Kingdom ein wenig ablenken und die erwähnten Heilpilze sowie zahlreiche Goodies sammeln. Zudem sind auch weitere Skillpunkte sowie neue Primär- bzw. Sekundärwaffen freischaltbar. Viele Truhen, Bonuslevel und weitere Herausforderungen sind hierbei in kleinen Puzzles versteckt, bspw. durch Schieberätsel. Wobei einige benötigte Skills erst nach einem gewissen Fortschritt freigeschaltet werden, womit sich der erneute Besuch nochmal nach Weltabschließung lohnt. Zur Entspannung können an jeder Ecke wilde verirrte Rabbids beobachtet werden, die ihrer Natur nachgehen, fragwürdige Dinge anzustellen. Auch wenn es unklar bleibt, wieso arme Kugelwillis als Unterwäsche-Trockner herhalten müssen. Es gibt schlicht Fragen, die besser unbeantwortet gelassen werden, aber genau dies hat einen eigenen Charme.
Kooperativer Spielspaß und zugleich Lernwerkzeug für Neulinge
Das Spiel kann auch zu zweit zumindest teilweise in einer zusätzlichen Co-Op Kampagne mit anderen herausforderten Gefechten genossen werden. Das solide Grundgerüst, welches Freiheit in der Reihenfolge der Aktionen gewährt und Kombinationen ermöglicht, ähnelt so einigen Nintendo Spielen als "Easy to learn, hard to master"-Spiel. So können auch Neulinge in das Genre gut einsteigen und die Basics relativ schnell erfassen, da jeder Spieler die Kontrolle über je zwei Charakter hat. Durch die Eigenheiten der Charaktere können so interessante Rollen für die Teilnehmer entstehen, die taktische Absprache kann sowohl chaotisch enden, als auch eine weitere taktische Ebene abhängig vom Mitspieler bieten. Insgesamt ist der Modus mehr ein netter Bonus des lokalen Multiplayers der Switch, aber zugleich ein nettes Lerntool für neue Spieler und senkt somit die Hemmschwelle für eine potenziell neue Generation an Fans von taktischen Spielen. Abseits dieser Perspektive können dann die harten Herausforderungen zu zweit nochmal das Feuer entfachen. Durch die Angriffsinitiativen, die eine defensive Spielweise nicht fördern, kann es leicht Mitspieler motivieren nochmal eine Runde nachzulegen, ggf. mit anderen Charakterkombos und neuer Rollenverteilung.