Manch einer versteht diese Art von Spiel einfach nicht. Lebenssimulationen wie Harvest Moon oder Animal Crossing sind putzig und niedlich, aber auch monoton und langsam. Selbst jene, die diese Art von Spiel mögen, haben es teilweise schwer zu erklären, warum sie gerade diese eher „unspannende“ Art von Videospiel bevorzugen. Vermutlich hat es schlichtweg etwas damit zu tun, dass jene Simulationen einem das konstante Gefühl von Belohnung und Verbesserung geben, ohne dem dabei den Druck und Stress von Erwartungen oder konkreten Zielen entgegen zu setzen. Und „stressfrei“ ist in der manchmal genau die Art von Erfahrung, die man im Moment erleben möchte. Spiele wie Rune Factory verbinden mittlerweile aber auch den Aspekt von Rollenspielen und Kämpfen mit der ruhigeren Gangart einer Lebenssimulation, genauso wie das neuste Machwerk von Level-5, die vor allem für ihre Rätselreihe Professor Layton bekannt sind. In einem putzigen, vorindustriellen Königreich geht es in Fantasy Life rein um die Gestaltung eures Lebens, angefangen von Berufswahl, Einrichtung des Eigenheims, Drachenbekämpfung und Heirat. Klingt nach der perfekten Mischung? Schauen wir erstmal, was so ein augenscheinlich fantasiereiches Leben zu bieten hat.
Lebenserfüllung
Zunächst ist die Berufswahl an der Reihe. Nachdem ihr Geschlecht und Aussehen eurer Figur festgelegt habt, ist die Frage nach eurem Handwerk der essenzielle Dreh- und Angelpunkt eures kommenden Lebens. Dabei sind einige typische Rollenspiel-Klassen zu finden, wie etwa Jäger, Paladin, Söldner und Magier, aber auch handfeste Berufe wie Schmied, Schürfer, Schneider, Koch, Schreiner, Angler und Alchemist. Die verschiedenen Klassen sind dabei recht selbst erklärend: Der Magier zaubert, der Paladin beschützt die Schwachen, der Jäger schießt mit einem Bogen, der Schmied schmiedet, der Koch kocht, der Schneider schneidert, der Söldner söldnert… uhm, der Söldner kann gut kämpfen natürlich. Obwohl ihr euch zunächst für eine Klasse entscheiden müsst, dürft ihr später auch „ein neues Leben anfangen“, also bei einem anderen Beruf durchstarten, ohne dabei euren vorherigen aufzugeben. In vielen Bereichen ist das natürlich hoch sinnvoll. So kann der Schmied aus Kupfer, Eisen, Silber etc. zwar tolle Waffen, Werkzeuge und Rüstungen schmieden, braucht aber Material wie Holz oder Erze. Der Schürfer kann zwar Erzvorkommen abbauen, kann dafür seine Arbeit aber nur weiter verkaufen, da er selbst nichts herstellt, genauso wie der Holzfäller. Logischerweise passt es dann zusammen gleichzeitig Schmied, Schürfer und Holzfäller zu sein, damit man sich selbst mit Materialien versorgt, die man auch weiter verarbeitet. Obendrein wird man noch Söldner, um die eigenen Rüstungen und Waffen effektiv tragen zu können. Das lässt sich aber nicht auf alle Berufe ausweiten, immerhin steigt man durch besiegte Gegner, gesammelte Materialien und hergestellte Objekte auch im Level auf, was rollenspieltypisch die eigenen Werte wie Stärke, Geschicklichkeit und Intelligenz erhöht. Welche Statuswerte man aber verbessern will, hängt natürlich mit den ausgeübten Berufen zusammen. So braucht ein Angler hohen Fokus, ein Schneider Geschicklichkeit, ein Magier Intelligenz und ein Schürfer Stärke. Wer sich also zunächst damit beschäftigt die Werte passend zu seinem Alchemiehandwerk zu verbessern, sollte auch nur andere Leben anfangen, die ebenfalls von diesen Werten profitieren. Im Grunde gibt es dadurch nur eine Handvoll Kombinationen, die tatsächlich spielerisch gut zusammen passen, Fantasy Life gibt aber genug Möglichkeiten an die Hand sein Lebenswerk so zu gestalten, dass man sowohl handwerklich und kämpferisch eine ideale Kombination findet. Darüber hinaus lassen sich alle Rohstoffe und Produkte der Berufe nach einiger Zeit auch bei normalen Händlern im Spiel erwerben, immerhin ist man ja nicht der einzige Schneider oder Schmied auf dem Markt. Das erleichtert natürlich für alle das Spiel, die nicht wegen jedem fehlenden Rohstoff gleich einen neuen Berufszweig anfangen wollen, belohnt aber trotzdem jene Spieler, die ihre eigene Ausrüstung herstellen wollen. In der Tat kann man selbst nämlich Waffen, Möbel und Rüstungen in einer höheren Qualität herstellen als die normalen Händler im Spiel anbieten. Das eigene Schwert teilt also mehr Schaden aus als das gekaufte. Die Berufe erlernen, sich darin verbessern, die gestellten Herausforderungen meistern und immer bessere Gegenstände herstellen ist somit eigentlich die größte Motivation, die Fantasy Life dem Spieler anbietet, allerdings ist wirklich zu empfehlen sich auf mehr als einen Beruf zu konzentrieren. Nicht nur aus Selbstversorgungsgründen, sondern auch deswegen, weil die Berufe an und für sich genommen nicht sonderlich umfangreich und interessant sind. Wer Holzfäller ist, fällt eben nur Holz, zwar immer höherwertige Bäume, aber das war’s schon. Schreiner und Schmiede spielen auch nur immer das selbe Minispiel zum Erstellen von Ware ab, lediglich die Stufe der Gegenstände wandert nach oben. Auch die Kämpfe sind recht eintönig und funktionierten mit einem recht rudimentären Kombo- und Fähigkeitensystem, sodass hier kaum mehr Tiefe heraus zu holen ist. Mehrere Tätigkeiten ausüben hilft daher deutlich den Spaß und die Motivation oben zu halten.Wonneproppen
Über das Ausüben eines Handwerks hinaus gibt es natürlich noch mehr Aktivitäten, denen man nachgehen kann. Zum einen gibt es natürlich eine erzählte Geschichte (später dazu mehr), Quests und eigene persönliche Ziele, wie das Zulegen von Haustieren, der Kauf von einem eigenen Reitpferd oder die Einrichtung eines wohnlichen Heims. Das Spiel reduziert die eigenen Ziele auf drei messbare Einheiten: Sterne, Geld und Wonne. Sterne verdient man sich durch das Erledigen von Berufsherausforderungen, wie etwa 50 Bäume als Holzfäller fällen, 5 Silbervorkommen schürfen, von jedem Möbelstück der Kategorie Palmholz ein Exemplar herstellen und so weiter. Die Menge an Herausforderungen für jeden Beruf sind natürlich zahlreich und erst ab einer gewissen Menge, kann man in seinem Handwerk einen Rang aufsteigen. Von Anfänger zu Lehrling zu Geselle, zu Experte, zu Meister, zu Held und schließlich Legende. Und so ein schicker neuer Rang bringt auch neue Fähigkeiten, neue Möglichkeiten und verbesserte Werte mit sich. Geld ist wiederum selbst erklärend. Wer die Quests von NPCs erledigt, erhält in der Regel dafür einige Gulden und zusätzliche Gegenstände, Geld lässt sich aber auch durch das Verkaufen der eigenen Produkte einnehmen. In der Regel sogar mehr als durch das Abschließen von Aufgaben, die aber nur einfache Ziele haben wie „Besiege 20 Zombie-Piraten“, „Baue mir einen Eichenbogen in Topqualität“ oder „Beschaffe mir 20 Holzscheite“. Ja, vor MMO-artigen Aufgabenstellungen wird man offenbar auch nicht in Fantasy Life verschont, da diese aber nur eine Randerscheinung sind, lassen sie sich auch neben den eigenen Zielen eigentlich bequem erledigen. Geld investiert man natürlich in fehlende Rohstoffe, die man nicht selbst herstellen kann, in Ausrüstung oder Möbel, in den Kauf von Häusern oder Nahrung oder was einen sonst so glücklich macht. Apropos „Glücklich“. Wonne ist ebenfalls ein wichtiger Punkt und wird durch das Erreichen von Lebenszielen gewonnen, in etwa einen hohen Geldbetrag verdienen oder mit bestimmten Figuren sprechen, neue Orte entdecken und so weiter. Wonne schaltet nach und nach Belohnungen frei, die man sich selbst aussuchen darf, unter anderem größerer Inventarplatz, das Recht einen Hund zu haben, größere Auswahl bei Händlern. Oder das Recht zwei Hunde zu haben. Oder drei. Oder eine Katze, wenn es unbedingt sein muss. Insgesamt gibt es also eigentlich in vielen Bereichen immer wieder Fortschritt und Belohnungen, was dementsprechend sehr motivierend ist immer weiter zu spielen. Ob man nun wie in Animal Crossing sein Haus einrichtet, ob man in diversen Höhlen Schätze sucht und Monster bekämpft oder ob man nur umherstreift um neue Pflanzen oder Fische für seine Rezepte zu finden, immer gibt es etwas zu tun.Ein Blick auf Fantasy Life sollte eigentlich deutlich machen für welchen visuellen Stil sich Level-5 hier entschieden hat. Weder realistisch noch japanisch grell, dafür dafür bunt und beschaulich. Dass aber reine Knuddeloptik sich nicht immer bezahlt macht, konnte auf dem 3DS Yoshi’s New Island schon beweisen, das in dem Wunsch alles möglichst farbenfroh und fröhlich zu machen, einen Mischmasch aus Pastellfarben und Knet-Look auf den kleinen Bildschirm klatsche. Fantasy Life ist im direkten Vergleich da wesentlich zielsicherer, im Grunde ähnelt die Optik einem typischen Dragon Quest. Die Charaktere sind comicmäßig sehr überzeichnet, teilweise mit schrägen Proportionen oder ulkigen Frisuren und Bärten, die konstant aber angenehme Farbauswahl bringt das Gefühl eines recht kindlichen mittelalterlichen Königreichs gut rüber. Auch die Gegner, wie wandelnde Karotten, großschnauzige Wölfe oder listig aussehende Eidechsen treffen den Stil hervorragend und beweisen, dass Level-5 wieder einmal keine Schwierigkeiten hat für seine Spiele eine ansprechende und zusammenpassende Optik zu finden. Die Musik wiederum ist ebenso beschaulich, aber bei weitem nicht markant oder ungewöhnlich genug, um einen längeren Eindruck zu hinterlassen, dafür erledigt sie aber ihren Job. Wichtig ist ja nur, dass alles stilistisch gut zusammen passt. Und das macht Fantasy Live sehr souverän. Leider gibt es für die Figuren wiederum keine Sprachausgabe - Textboxen lesen ist wieder die einzige Möglichkeit.