Erinnern wir uns zurück. 2001 - Nintendos neue Konsole, der Gamecube, erscheint frisch auf dem Markt. Neukäufer stehen aber vor einer ungewöhnlichen Situation. Trotz neuer Nintendohardware gibt es noch kein Super Mario-Spiel dafür, was ein ganz klarer Bruch in der Tradition von Big-Ns Spielekonsolengeschichte ist. Stattdessen lässt Nintendo dem kleinen Bruder des Jump’N Runs-Weltstars den Vorrang. Luigi’s Mansion schickte den beliebtesten Klempner in grün als Launch-Titel für den Gamecube auf Geistjagd und überließ ihm für eine gewisse Zeit die Rolle des Protagonisten. Nicht dass Luigi lange im Scheinwerferlicht bleiben durfte: In Super Mario Sunshine, Super Mario Galaxy oder New Super Mario. Bros spielte er wieder die zweite Geige – Wenn er überhaupt vorkam. Immerhin bekommt er aber nun zwölf Jahre nach dem Gamecube-Launch im zweiten Teil von Luigi’s Mansion endlich wieder die Rolle des tonangebenden Haupthelds. Mit dem Staubsauger (Marke „Schreckweg“) bewaffnet ist er zwar wieder als Geisterjäger tätig, doch lohnt sich der zweite Ausflug ins Spukhaus wirklich oder steckt der Grusel nur noch zum Gähnen an?
Geisterhaus mit Ambiente
Nachdem Luigi bereits einmal für Professor I. Gidd die Gruselvilla vom Spuk befreite, sollte man meinen, dass der leicht zu verängstigende Schnurbartträger seine Schuldigkeit getan hat. Weit gefehlt. Sobald erneut etwas Böses das Nachtschattental bedroht, muss er wieder Hand an den Exorzismus-Staubsauger legen, den Prof. I. Gidd eigens für diese Fälle erfunden hat. Widerwillig, aber ohne große Wahl, muss der grüne Held also wieder ran, sich das heimgesuchte Anwesen ansehen und alle Finstermondstücke reinigen, um den Fluch, welcher über dem Tag liegt, zu brechen. Eine einfache Aufgabe, hätte Luigi da nicht nur eine beständige Phobie vor Geistern. Oder Dunkelheit. Oder Spinnen. Oder alles andere was ihm Angst einjagt. Und davon gibt es eine Menge in der Gruselvilla.
Luigi’s Mansion 2 ist eines jener Spiele, die bis zu dem Rand mit charmanter Persönlichkeit gefüllt sind, was nicht zuletzt an dem grünen Italiener selbst liegt. Anders als Saubermann Mario ist Luigi nämlich durchaus ein Hasenfuß, sodass die ersten Schritte in der lebendigen Kulisse des Geisteranwesens schon allein durch seine Reaktionen sehr viel Spaß machen. Man muss schon fast Mitleid mit dem kleinen Klempner haben, wenn er durch das langsame Schleichen, plötzliche Aufschrecken oder das vorsichtige Umhersuchen seine Nervosität ausdrückt. Die Animationsqualität ist dabei vorbildlich. Jede Regung wirkt sehr liebevoll animiert und umgesetzt, sodass Luigi zu einem sehr lebendigen Protagonisten wird. Darüber hinaus sind die neckischen Geister auch sehr unterhaltsam, ganz egal ob sie den armen Mützenträger mit einem hämischen Lachen erschrecken oder sich untereinander Streiche spielen. Voller Details steckt auch die Umgebung, die nicht nur spielerisch Geheimnisse zum Entdecken anbietet, sondern auch auf den Saugstrudel des Staubsaugers reagiert. Fast alle kleineren Dekorationsgegenstände antworten mit einem passenden Schütteln, Rattern oder einer Gegenbewegung, wenn man sie mit dem Staubfresser anvisiert. An und für sich ist das kein großer Deal, wenn jedoch das gesamte Spiel in vielen kleinen Details voller Leben steckt, dann merkt man durchaus wie investiert die Entwickler waren die Welt von Luigi’s Mansion 2 zu erschaffen. Um es schlicht zusammen zu fassen: Die Präsentation des Spiels ist perfekt gelungen und das comichafte Gruselflair äußert witzig.
Bustin makes me feel good!
Spielerisch geht es in Luigi’s Mansion vor allem um Erkundung. Mit dem Staubsauger bewegt man Tapeten, Teppiche oder Duschvorhänge, rüttelt an Regalen, Bildern oder Schränken, um Schätze, Geheimnisse oder Geister zu entdecken. Damit das nicht langweilig wird, verändert das Spiel ständig die Umgebung, ändert beispielsweise Räume in denen man vor kurzem erst gewesen ist. Zumeist bleibt Luigi’s Mansion also unvorhersehbar, sodass der Spieler nie in einen langweiligen Trott verfällt. Schon früh darf man sich auch an unterschiedlichen, interaktiven Rätseln austesten, dessen Lösung häufig gar nicht so offensichtlich ist wie zunächst gedacht. Oft kommen auch kleinere Logik- und Physikspielereien mit Wasser, Wind oder Feuer zum Einsatz. Mit dem Staubsauger lassen sich nämlich auch zum Beispiel alte Wassereimer oder Kaminöfen leeren, um das Putzwasser oder die Flammen irgendwo anders wieder heraus zu lassen. Das erweitert den Einsatz des Schreckwegs 08/16 ständig um kreative, neue Einsatzmöglichkeiten. Neben Erkundungen und Knobeleien gibt es aber natürlich die Kämpfe mit den Spukgesellen des Hauses. Ziel ist es theoretisch diese einzusaugen, doch das gestaltet sich weitaus abwechslungsreicher als man annehmen könnte. Die vielen Geistervariationen benötigen nämlich auch jeweils andere Taktiken; reines Anleuchten mit der Taschenlampe wie noch bei dem Gamecube ist nicht mehr genug.
Stattdessen kommt die Düsterlampe zum Einsatz, mit der ein Geist im richtigen Winkel angeblitzt werden muss, bevor man ihn mit dem Allzweckgebläse bannt. Davor muss man sie aber erst entdecken und vor allem verhindern, dass man vom Geisterjäger zu einem von Geistern Gejagten wird. Die Steuerung macht hierbei nach ein wenig Eingewöhnung am meisten Spaß. Man vermisst zwar manchmal etwas die Präzision, im Grunde wird die Gegenwehr des Geistes beim Staubsaugen aber gut simuliert, sodass es gar nicht einfach ist den Saugstrahl ständig auf sein Ziel zu richten. Darüber hinaus sind manche Exemplare sogar ganz clever und setzen sich eine Sonnenbrille auf, damit man sie nicht einfach mit der Lampe anblitzen kann, verstecken sich rasch in der Umgebung oder werfen mit diversen Gegenständen zurück. Die wirklichen Höhepunkte kommen bei den Kämpfen aber dann zum Tragen, wenn man es gleich mit mehreren Arten von Geistern zu tun bekommt, sodass wahres Multitasking gefragt wird. Insgesamt gibt es im Einzelspieler gut 20 verschiedene Geister, physische Gegner wie fleischfressende Pflanzen, Spinnen und Fledermäuse nicht mitgezählt. Darüber hinaus kommen noch äußerst spektakulär und klug inszenierte Bosskämpfe, die ebenfalls ihre Stärke ausspielen können. Dessen Schwachpunkte sind nämlich zumeist alles andere als offensichtlich und benötigen gutes Timing, einen kreativen Einsatz der Umgebung und der eigenen Fähigkeiten, wenn man siegreich sein will. Über mangelnde Abwechslung kann man sich also keinesfalls beschweren.
Geisterjäger-Quartett
Für optionale Ziele ist ebenfalls gesorgt. Die lebendige Umgebung bietet jede Menge Raum für Erkundungen, unter anderem um den Staubsauger und die Düsterlampe aufzurüsten, aber auch um Edelsteine, Gold oder versteckte Buu-Huus zu finden, die in ihrer Gesamtheit Bonusmissionen freischalten. Das motiviert natürlich zum Durchsuchen und Ausprobieren, ein weiterer Pluspunkt der dem gut gestalteten Leveldesign zu Gute kommt. Apropos Design: Luigi`s Mansion ist ein Spiel, welches man am besten mit dem angeschalteten 3D-Effekts des Nintendo Handheld spielen sollte. Die Umgebung zieht häufig nämlich große Vorteile aus einem vorhandenen Tiefeneffekt, sei es um die Schlucht unter einer wackeligen Brücke zu verdeutlichen oder um bei dem Spinnenbosskampf die krabbelnden Tierchen ganz nahe an den Bildschirm zu bringen. Wer dann mit Luigi’s Geisterabenteuer fertig ist, darf auch im lokalen oder Online-Multiplayer mit bis zu drei weiteren Geisterjägern im Mehrspielermodus los legen. Im Wirrwarrturm wütet man dann zu viert unter den Geistern herum, von denen es dann gut 30 Stück gibt. Im Jäger-Modus saugt man Geister um die Wette ein, bei „Tempo“ kämpft man gegen den Zeitdruck einer tickenden Uhr und in „Pinscher“ sucht man per Düsterlampe nach unsichtbaren Geistern. Alles für Highscores und Bestzeiten, was mit einigen Freunden durchaus unterhaltsam ist. Ein toller Bonus auf einem ohnehin schon großartigen Spiel.