Call of Duty: Black Ops
Als in diesem Jahr die Nachricht die Runde machte, dass Activision einige der wichtigsten Mitglieder von Infinity Ward entlassen hat, sahen schon viele das Ende des Call of Duty-Franchises gekommen. Die anschließende Schlammschlacht um ausgebliebene Erfolgszahlungen und eine beschissene Arbeitsatmosphäre ließen die Hoffnungen auch nicht gerade steigen. Mit Treyarch übernahmen nun die Jungs das Ruder, die bisher in den Augen der Öffentlichkeit immer nur die zweite Geige spielten und die sich zuletzt mit "World at War" anscheinend nicht vom Zweiten Weltkrieg-Thema trennen durften, obwohl "Modern Warfare" bereits eindeutig zeigte, dass dessen Zeiten vorbei waren. Doch mit "Black Ops" wird alles anders: Erstmals dürfen die Jungs beweisen, dass Sie ebenso viel Anteil an dem Erfolg von Call of Duty haben und coole, eigene Ideen einbringen - wenn man sie nur machen lässt.
Ich höre dauernd scheiß Zahlen
Doch keine Angst. Soviel machen Treyarch trotz des gefühlten Neuanfangs auch nicht anders. Black Ops setzt wie seine Vorgänger auf die episodenartige Erzählweise, bei der ihr mit jeder der 15 Missionen in die Rollen verschiedener Soldaten und in andere Settings schlüpft. In diesem Fall in die Rollen der beiden amerikanischen Soldaten Alex Mason und Jason Hudson, die im Laufe der Singleplayer-Kampagne, die in den 60´er Jahre spielt, einer gewaltigen Verschwörung auf die Spur kommen. Obwohl die Story bei Call of Duty nie so wirklich wichtig war, möchten wir euch hier nicht zuviel verraten, den Treyarch hat sich einige nette Wendungen und Überraschungen einfallen lassen, welche die Black Ops-Geschichte, die anfangs zugegeben ziemlich verwirrend ist, zur besten der ganzen Serie machen. Nur soviel: es hat mit geheimnisvollen Zahlen zu tun. Die Palette der Schauplätze reicht dabei von Kuba, Vietnam, Hongkong, Russland und sogar einen Ausflug zurück in den Zweiten Weltkrieg. Doch keine Angst, dabei handelt es sich nur um eine Mission, die es zudem ebenso in sich hat wie die restlichen Missionen.
Diese glänzen nämlich wieder mit einer bombastischen Atmosphäre, die ein Fest für jeden Action-Fan sind. In gewohnter Manier hechtet ihr durch die Level, sucht Deckung und nehmt Stück für Stück die zahlreichen Gegnerwellen aufs Korn. Die eigentlichen Stars von Black Ops, die Waffen, sind natürlich wieder zahlreich vertreten. Obwohl die Handlung in den 60´er Jahre spielt, müsst ihr nicht auf bekannte und moderne Waffen verzichten. Neben Sturmgewehren wie M16, FAMAS, G11 und AK 47 oder Maschinenpistolen wie MP5 und AUG gibt es auch zahlreiche Pistolen, Schrotflinten, Scharfschützengewehre und die verschiedensten Granaten. Über 40 Waffen hat Treyarch mit ihren individuellen Eigenschaften und komplett neu aufgenommenen Sounds integriert. Ein Neuzugang ist die Armbrust, mit der ihr auf große Entfernung entweder normale Pfeile oder Explosivgeschosse verteilen könnt. Auch ein Flammenwerfer, der sein Debüt in "World at War" hatte, wurde integriert.
Ist "Black Ops" auf dem normalen Schwierigkeitsgrad noch relativ leicht und erfordert wenig taktisches Geschick, müsst ihr bereits ab "Söldner" überlegt und mit bedacht vorgehen, um unbeschadet voranzukommen. Die Gegner-KI befindet sich auf demselben Niveau der Vorgänger. Feinde suchen ständig Deckung und verhalten sich zum Teil bewusst ruhig, sodass ihr öfters in manch Falle tappt. Auf "Veteran" ist Black Ops dann eine echte Herausforderungen und zum Teil fast schon frustrierend schwer. Zudem legen die Feinde auch spürbar unterschiedliches Verhalten an den Tag. In Vietnam stürmen sie schonmal ohne Rücksicht auf Verluste eure Stellung oder verstecken sich in Baumkronen die Einflüsse aus "World at War" sind hier eindeutig spürbar. Leider kränkelt auch Black Ops an der "unendliche Gegner"-Krankheit. Es gibt stellen im Spiel, bei denen ihr es so lange mit Gegnern zu tun bekommt, bis ihr eine gewisse Aktion ausgeführt habt. Aussitzen ist also nicht. In Verbindung mit der bombastischen Soundkulisse, die mit genialen Waffensounds und satten Explosionen aufwartet, ist "Black Ops" ein einzigartiger Adrenalinrausch, nachdem ihr erst einmal eine Pause benötigt. Aber man spielt Call of Duty ja auch nicht, um sich zu entspannen.
Atmosphäre-Granate
Daneben hat Treyarch es geschafft, nochmals an der Atmosphäre-Schraube zu drehen und kreiert durch zahlreiche Elemente die besten und denkwürdigsten Missionen der CoD-Geschichte. Dazu gehören zum einen die aus Modern Warfare 2 bekannten Zeitlupensequenzen, die dieses mal häufiger vertreten sind, und die genialen Zwischensequenzen aus der Ego-Perspektive, bei denen Treyarch viel Kreativität bewiesen hat. Auf diese Weise erlebt ihr beispielsweise ein russisches Roulett-Spiel in vietnamesischer Gefangenschaft oder die Flucht vor einer Lawine mit abschließenden Sprung von einer Klippe. Daneben gibt es viele weitere, kleine Details. An manchen Stellen im Spiel müsst ihr beispielsweise eine Gasmaske aufsetzen und nehmt die Welt nur noch durch einen unheimlichen Schleier wahr oder erlebt den Start eines Jets aus den Augen des Piloten mit. Dies hat zwar den Nachteil, dass ihr in manchmal nur zum bloßen Betrachter degradiert werdet dennoch ist die Mischung und Dosierung dieser Elemente nahezu perfekt gelungen, sodass es keine Längen im Spielablauf gibt.
Doch es sind nicht nur diese feinen Details, die euch förmlich ins Spiel saugen. Auch das Gameplay wird durch alte und neue Elemente bereichert. Es gibt Motorrad-Sequenzen im Stile der Schneemobil-Abschnitte aus Modern Warfare 2, ihr nehmt Platz hinter befestigten Maschinengewehren ,fahrt auf dem Rücksitz eines Jeeps mit um anrückende Panzer abzuwehren oder nehmt hinter dem Steuerruder eines Kampfbootes platz. Ganz neu ist die Möglichkeit, einen Kampf-Hubschrauber zu steuern. Die Steuerung bleibt dabei glücklicherweise recht simpel, aber dennoch anspruchsvoll. Ihr könnt nicht nur zielen und feuern, sondern euch auch frei nach links, rechts, vor und zurück bewegen die Flughöhe passt sich automatisch der Landschaft an. So habt ihr wesentlich mehr Freiheiten als bei einem gewöhnliche Railgun-Shooter und das gleiche Steuerungs-Schema wie in den "normalen" Shooter-Passagen. Auch die restliche Steuerung ist auf gewohnt hohen Niveau und gibt keinen Anlass zur Kritik.
Auch grafisch kann Black Ops im Vergleich zu seinen Vorgängern nochmals eine Schippe drauflegen. Fiel der Unterschied zwischen Modern Warfare 1 und 2 nicht so sehr auf, ist Black Ops definitiv die nächste Stufe. Die unterschiedlichen Schauplätze sind abwechslungsreich, durchweg extrem stimmig und bieten einiges fürs Auge wie genial gezeichnete Himmel oder atemberaubende Panoramen. Besonders der Dschungel in Vietnam oder die Kampfszenen an Bord eines sinkenden Schiffs sorgen mit den realistischen Wassereffekten für offene Münder. Auch die Charaktermodelle wurden überarbeitet und glänzen nun mit noch realistischeren Körper- und Gesichtsanimationen. Viele Details in der Umgebung sind zerstörbar und belohnen euch mit famosen Licht- und Partikeleffekten. Egal ob Schneestürme, zerschossene Pulte, die vor Funken sprühen oder berstende Aquarien, deren Inhalt sich auf den Boden ergießt die Umgebungen wirken extrem realistisch. Auch die Gewaltdarstellung hat einen neuen Level erreicht. Nicht nur in den Zwischensequenzen werden regelmäßig in Nahaufnahme Kehlen durchgeschnitten, auch die Gegner verlieren erstmals in der Seriengeschichte Körperteile. Eine gut platzierte Granate oder ein gezielter Schuss lassen schon mal Arme oder Beine davon fliegen. Allerdings nicht in der deutschen Version diese wurde geschnitten und auch einiger heftiger Zwischensequenzen wie beispielsweise einer Folterszene beraubt. Ob der erhöhte Gewaltlevel das Spiel verbessert und wirklich sein musste, muss jeder für sich selbst entscheiden. Er trägt auf jeden Fall zur Atmosphäre bei.
Allein gegen den Rest der Welt
Doch genug vom Singleplayer. Für viele ist der Multiplayer für bis zu 18 Spieler der eigentliche Kern der Call of Duty-Reihe. Und soviel ist sicher: auch dieses Mal ist er wieder ein echtes Brett geworden. Am einfachsten kann man es so ausdrücken: Das Beste aus Modern Warfare 2 beibehalten und um sinnvolle und motivierende Modi erweitert. Der Multiplayer gestaltet sich wie gehabt: Auf 14 neuen Karten erhaltet ihr In den zahlreichen Matcharten wie Deathmatch, Team-Deathmatch, Sabotage, Capture the Flag etc. durch Abschüsse und Siege Erfahrungspunkte, steigt im Rang und schaltet dadurch neue Waffen, Modi, Aufträge und Herausforderungen frei. Neu sind die Call of Duty-Punkte, die ihr ebenfalls mit jedem Spiel erhaltet und die als Spielinterne Währung fungieren. Mit denen könnt ihr dann Killstreaks kaufen (Deathstreacks wurden leider gestrichen) oder mit den beliebten Perks, von denen es einige neue gibt, die Fähigkeiten eures Charakters eurem Spielstil anpassen oder auch eure Waffen aufmotzen. Das hat den Vorteil, dass ihr nicht erst bestimmte Waffen-Herausforderungen freischalten müsst, um beispielsweise ein Rotpunktvisier zu nutzen. Nun könnt ihr das auf Wunsch, das nötig Kleingeld vorausgesetzt, von Anfang an haben. Das entsprechende Geld zu verdienen dürfte jedoch nicht allzu lange dauern, denn im Vergleich zu Modern Warfare 2 geht das Aufsteigen nochmals einen Tick schneller vonstatten.
Für die CoD-Punkte wurden vier neue Spielmodi kreiert, in denen ihr eine Startgebühr entrichtet und eure virtuellen Moneten aufs Spiel setzen könnt. Bei "One in the Chamber" liefert ihr euch mit nur einer Pistolenkugel, einem Messer und drei Leben spannende Nahkämpfe, während bei "Sharpshooter" alle 30 Sekunden zufällig die Waffen wechseln. Bei "Gun Game" steigt ihr mit jedem Abschuss eine Stufe und erhaltet eine neue Waffe. Nach 20 Treffern habt ihr gewonnen. Werdet ihr mit einem Messer erledigt, verliert ihr wieder einen Rang. In "Sticks and Stones" seid ihr schließlich nur mit einem Wurfbeil, Bogen und einem Ballistik-Messer unterwegs.
Auch die Individualisierungsmöglichkeiten eures Charakters wurden extrem erweitert. Neben Upgrades für eure Waffen könnt ihr, die entsprechende Erfahrungsstufe vorausgesetzt, eurem Avatar Tarnfarbe ins Gesicht schmieren, eure Waffen mit eigenen Logos verzieren und zahlreiche Ausrüstungsgegenstände wie Claymore-Minen oder C4-Sprengstoff kaufen. Alle Gegenstände sind dann an eurem Charakter sichtbar. Daneben könnt ihr zwei Fähigkeitenbooster bestimmen, mit denen ihr schneller rennt oder ruhiger zielt. Die Möglichkeiten sind einfach nahezu unendlich machen den Multiplayer wieder sehr motivierend.
Erstmals könnt ihr nun auch wie bei Halo: Reach mittels Schulterkamera, Ego-Perspektive und einer frei beweglichen Linse von euren Matches Clips aufnehmen, bearbeiten und mit Freunden teilen. Auch Screenshots können angefertigt werden. Wer sich nicht gleich ins Online-Getümmel werfen möchte, kann im neuen Trainingsmodus in vier Schwierigkeitsgraden gegen computergesteuerte Gegner auf denselben Karten wie im Multiplayer antreten. Im Grunde wird euch hier das Gleiche wie im Multiplayer geboten, nur eben gegen Bots. Aufträge gibt es jedoch keine. Neben dem Single- und klassischen Multiplayer gibt es noch einen Survival-Modus für bis zu vier Spieler, bei dem ihr auf drei Karten so lange wie möglich anstürmenden Zombie-Horden die Stirn bieten müsst. Hier bewiesen die Jungs von Treyarch ihren besonderen Sinn für Humor: Beispielsweise seid ihr als John F. Kennedy im Pentagon unterwegs. Dieser Modus ist nett, kann es aber nicht mit den Herausforderungen aus Modern Warfare 2 aufnehmen.
Fazit:
Treyarch ist es endgültig gelungen, das Image des ewig Zweiten abzulegen und liefert mit Black Ops das bisher beste Call of Duty ab. Die Singleplayer-Kampagne ist packender denn je, umfangreich, bietet zum Teil eine unglaublich gute Grafik, strotz nur so vor Atmosphäre und hat einige der denkwürdigsten Momente zu bieten, die ihr bei einem Shooter erleben werdet. Zudem hat man das Gameplay durch perfekt gesetzte Zwischensequenzen, Ausflüge hinter stationäre MG`s oder sogar hinter das Steuer eines Kampf-Hubschraubers sehr abwechslungsreich gestaltet. Das gepaart mit der gewohnt guten Steuerungen und den besonders auf dem "Söldner" oder "Veteran"-Schwierigkeitsgrad herausfordenden Gegner ergibt sich eine echte Spielspaßgranate für alle Shooter-Fans. Auch der Multiplayer kann das Niveau von Modern Warfare 2 halten und hat mit den Call of Duty-Punkten und den Wettspielen, bei denen ihr euer hart verdientes Geld aufs Spiel setzen könnt, einige motivierende Neuerungen zu bieten. Zudem könnt ihr nun das Aussehen eures Charakters verändern und sogar Filme eurer Matches aufnehmen und teilen. Negativ ist zu erwähnen, dass die Deathstreaks gestrichen wurden und es derzeit immer wieder mal zu abstürzen und Lags kommt. Der Survival-Modus für bis zu vier Spieler, bei dem ihr gegen anstürmende Zombies überleben müsst, ist eine nette Dreingabe, aber nicht so motivierend wie die Herausforderungen aus Modern Warfare 2. Dennoch: Jeder Shooter-Fan muss bei Black Ops zugreifen.
Pro:
- gewohnt hervorragende Steuerung
- die beste CoD-Story bisher
- kinoreife Inszenierung
- bombastische Grafik
- abwechslungsreiche Settings
- gute deutsche Synchro
- genialer Multiplayer garantiert monatelangen Spielspaß
- unterhaltsame Survival-Modus
Contra:
- nur geringfügige Neuerungen im Gameplay
- keine Deathstreaks mehr im Multiplayer
- gelegentliche Lags und Verbindungsabbrüche im Multiplayer