NieR: Automata - Review

NieR: Automata

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Review
PS4
110
Das 2010 erschienene Nier war ein polarisierendes Spiel. Man kann ihm jedoch nicht absprechen, dass es eine gewaltige und begeisterte Fan-Gemeinde hat. Dabei gehörte das von Yoko Taro entwickelte Spin-Off der Drakengard-Reihe bei weitem nicht zu den technisch und spielerisch saubersten Spielen der PS3/Xbox 360-Ära. Es war definitiv ein Spiel mit unzähligen sehr scharfen Ecken und Kanten. Doch gerade dieser Mut zum Unkonventionellen war es, der viele Spieler an Nier begeistert hat.
Entgegen aller Erwartungen wurde auf der E3 2015 ein Nachfolger zu diesem obskuren Nischen-Titel angekündigt. Und ausgerechnet der renommierte Action-Spiel-Entwickler Platinum Games (u.A. verantwortlich für Bayonetta, Metal Gear Rising: Revengeance und Vanquish) sollte diesmal für den nötigen Feinschliff im Gameplay sorgen. Doch war dieses Studio, das vor allem für seine völlig übertriebenen Action-Spektakel bekannt ist, die richtige Wahl für den Nachfolger eines so verkopften Spiels wie Nier?
 
Gleich vorweg sei gesagt, dass man Nier Automata nicht angemessen bewerten kann, wenn man nicht gewisse Elemente des späteren Spielverlaufs spoilert. Wie den meisten bekannt sein sollte, zeichnet sich Nier: Automata, wie schon sein Vorgänger, dadurch aus, dass man das Spiel mehrmals durchspielen muss, um die komplette Spielerfahrung zu erleben. Aus diesem Grund lässt es sich nicht vermeiden, gewisse Dinge wie Gameplay-Mechaniken oder bestimmte strukturelle Elemente der Story anzusprechen, die für eine angemessene Bewertung des Spiels unabdingbar sind. Nichtsdestotrotz werde ich nicht auf die Handlung des Spiels selbst eingehen. Ich werde also nur ungefähr behandeln, wie etwas erzählt wird, aber nicht was erzählt wird. Wer also extrem feinfühlig ist, was Spoiler angeht und eh weiß, dass er Nier: Automata unbedingt spielen möchte, sollte sich diese Kritik lieber nach dem Durchspielen durchlesen. Ich werde mir trotzdem Mühe geben, nur so viel aufzudecken, wie zwingend nötig ist.
 
 
 

Maschinen vs. Androiden

Die Geschichte von Nier: Automata spielt im selben Universum wie die Geschichte seines Vorgängers. Allerdings liegen zwischen den beiden Erzählungen so viele Jahre, dass kaum Zusammenhänge bestehen. Vorkenntnisse über die Story des ersten Nier sind also nur dann nötig, wenn man wirklich jede Anspielung und Nuance der komplexen Handlung begreifen möchte – und selbst dann könnte es schwierig werden, alles zu verstehen.
Doch fangen wir doch bei dem einfach zu verstehenden Teil der Story an:
 
Nier: Automata erzählt die Geschichte des postapokalyptischen Planeten Erde, nachdem die gesamte Menschheit von einer verheerenden Krankheit dahingerafft wurde. Statt von Menschen wird unser Heimatplanet in der mehr als 8000 Jahre fernen Zukunft nun von Maschinenwesen bevölkert. Der Spieler hingegen schlüpft in die Schuhe der Androiden 2B und 9S, die als Teil der militärischen YoRHa-Einheit für ein wenig mehr Ordnung auf der Erde sorgen sollen. Sie arbeiten im Auftrag der letzten überlebenden Menschen, die sich auf den Mond zurückgezogen haben und dort warten, bis die Erde wieder bewohnbar wird.
 
Das ist jedoch nur ein sehr kurzer und grober Abriss einer Story, die sich während des Spielens immer weiter entfaltet und immer mehr Nuancen offenbart. Wer ein wenig Erfahrung mit etwas abgefahrenen Erzählungen aus dem Hause Square Enix hat, sollte sich bei Nier: Automata zumindest sofort heimisch fühlen.
 
Interessant wird die Handlung des Spiels vor allem dann, wenn sie philosophische, ethische oder existentielle Fragen anschneidet. In der Geschichte agieren ausschließlich artifizielle Lebensformen miteinander, was solch menschliche Fragen in ein ganz anderes Licht wirft. Die Geschichte behandelt Maschinen, die plötzlich Bewusstsein erlangen und erste Erfahrungen mit Emotionen wie Angst, Freundschaft oder Trauer machen. Oder aber auch Maschinen, die Gott gefunden haben und sämtliche Ungläubige als Feindbild wahrnehmen.
 
Auch die emotionale Beziehung zwischen den Androiden-Protagonisten 2B und 9S ist wirklich interessant erzählt und profitiert deutlich davon, dass es sich hier nicht einfach um schnöde Menschen handelt.
 
Dennoch sind Erzählungen über empfindungsfähige Maschinen im Jahr 2017 alles andere als eine Neuheit. Diese Thematik ist im Medium Videospiel zwar noch deutlich unverbrauchter als beispielsweise im Film oder in der Literatur, aber trotzdem macht Nier: Automata zumindest in diesem Bereich nichts, was man nicht irgendwo anders schon mal gesehen hätte. Nichtsdestotrotz ist der starke Fokus auf diese Thematik interessant und regt den Spieler immer wieder zum Denken an.
 
Das innovativste an der Geschichte ist wahrscheinlich, wie wirr und kryptisch alles erzählt wird. Anstatt dem Spieler alles auf einem Silbertablett zu servieren, erwartet Nier: Automata, dass man sich mit der Materie auseinandersetzt. Man sollte auch nicht davor zurückschrecken, dutzende Seiten geschriebener Archiveinträge zu lesen, wenn man die Handlung vollends verstehen möchte. Ganz so verheerend wie z.B. in Final Fantasy XIII wird dieser Sub-Text-Zwang aber nie. Die essentiellen Elemente der Erzählung versteht man auch komplett ohne optionale Texte zu lesen.
Dennoch liegt die Vermutung nahe, dass man die Handlung des Spiels arbiträr
verkompliziert hat, damit das Gesamtwerk ein wenig verkopfter, komplexer und
anspruchsvoller wirkt.
 
 

Multiple Spieldurchläufe? Nicht so ganz...

Doch kommen wir doch zum Aspekt der Nier-Reihe, die gerne als Alleinstellungsmerkmal angesehen wird. Jeder, der sich zuvor halbwegs mit dem Spiel beschäftigt hat, sollte wissen, dass es, wie schon im Vorgänger, nicht reichen wird, Nier: Automata nur einmal „durchzuspielen“. Doch wieso schreibe ich „durchspielen“ hier in Anführungszeichen? Ganz einfach: Weil dieses häufig gefeierte Alleinstellungsmerkmal sehr euphemistisch angewandt wird.
 
Es fällt leicht, damit zu werben, dass ein Spiel besonders umfangreich ist, weil man es mindestens dreimal durchspielen muss, um das wahre Ende zu sehen. Doch dieses ganze Gerede um „mehrere Spieldurchgänge“, die sich voneinander unterscheiden, entspricht letztendlich nicht ganz der Wahrheit. In der Realität sieht es nämlich folgendermaßen aus:
 
Man spielt Nier: Automata zum ersten Mal „durch“ und erlangt somit Ende A des Spiels. Diese Aufgabe ist mit Leichtigkeit in etwas mehr als 10 Stunden zu erledigen. Danach fordert das Spiel einen dazu auf, noch einen weiteren Durchgang zu wagen. Doch was hier groß als alles verändernder zweiter Spieldurchgang angepriesen wird, ist tatsächlich nichts anderes als der komplette erste Durchgang in den Schuhen eines anderen Charakters. Hat man im ersten Durchgang noch die Kontrolle über den weiblichen Androiden 2B gehabt, spielt man im zweiten Durchgang ihren Begleiter 9S.
Das Problem hierbei liegt nicht in der Tatsache, dass man dem Spieler einen weiteren spielbaren Charakter zur Verfügung stellt. Das wirkliche Problem beginnt erst, wenn man nach dem Prolog des zweiten Durchlaufs merkt, dass sich der erste Durchgang und der zweite Durchgang zu geschätzt 85% gleichen.
Die Handlung, die im zweiten Durchgang erzählt wird, ist beinahe 1:1 dieselbe wie im ersten Durchgang. Die wenigen Szenen, die der zweite Durchgang hinzufügt, sind für die übergreifende Haupthandlung derartig irrelevant, dass sie an „unveröffentlichte Szenen“ erinnern, die man als Bonus-Dreingabe zu Filmen auf DVDs und Blu-Rays findet.
 
Man kann erkennen, was die Entwickler mit dem zweiten Durchgang bezwecken wollten. Sie haben offensichtlich versucht, den Spieler ein wenig näher an den Charakter 9S heranzubringen, der zuvor eher abseits des Rampenlichts stand. Man muss ihnen zugutehalten, dass sie darin erfolgreich waren und dass diese Bindung an den Charakter letztendlich positive Auswirkungen auf die restliche Handlung hatte. Dennoch hätte man dies alles deutlich eleganter lösen können, als den Spieler dazu zu zwingen, dasselbe Spiel gleich zweimal hintereinander durchspielen zu müssen.
Die optimale Lösung wäre gewesen, die wenigen Minuten halbwegs relevanter Szenen aus dem zweiten Durchlauf irgendwie in den ersten Durchlauf zu integrieren. Dass die Entwickler wissen, wie man einen fliegenden Szenen- und Charakterwechsel elegant handhabt, zeigt der dritte Spieldurchgang.
 
 
Dieser ist nämlich wieder deutlich besser und knüpft direkt an das Ende des ersten, bzw. des zweiten Durchgangs an. Somit ist die Bezeichnung „erneuter Spieldurchgang“ in diesem Fall komplett falsch. Was einem ganz experimentell als „dritter Spieldurchlauf“ verkauft wird, ist in Wahrheit eine simple Fortsetzung der ursprünglichen Geschichte. Das ist zwar ein wenig irreführend, allerdings lässt sich nicht wirklich was daran aussetzen. Nur weil der dritte Durchgang falsch beworben wird, ändert sich dadurch nichts am Spielerlebnis selbst. Schließlich gehört die Fortsetzung, die man hier geliefert bekommt, sogar zum Besten, was das Spiel zu bieten hat.
Es lohnt sich also, sich durch die sieben bis neun Stunden repetitiver Spielzeit zu quälen, die der zweite Durchlauf dem Spieler auferlegt – auch wenn es manchmal schwerfallen sollte.
 
 

Der Platinum-Stempel

Während der erste Teil der Nier-Saga nicht gerade für seinen spielerischen Feinschliff bekannt war, werden in Nier: Automata komplett andere Saiten aufgezogen. Mit Platinum Games hat man sich, wie zuvor erwähnt, einen Entwickler ins Boot geholt, der besonders das schwache Kampfsystem des Vorgängers gehörig aufzukrempeln weiß.
Und tatsächlich trägt Nier: Automata auf den ersten Blick dieselbe Handschrift wie Bayonetta und viele andere Platinum-Spiele zuvor. Genau wie in Bayonetta zeichnen sich die Gefechte in Nier: Automata durch das Einsetzen effektgeladener Nahkampf-Kombos, Schusswaffen und Ausweichmanöver aus. Besonders die Schusswaffen fühlen sich in diesem Spiel angenehm frisch an.
In Nier: Automata nutzen die Protagonisten nämlich keine konventionellen Handfeuerwaffen, sondern lassen einen schwebenden Drohnen-Partner den Fernkampf übernehmen. Aus dieser neuen Mechanik entsteht flüssiges Multitasking, das vom Spieler erfordert, per Facebuttons Nahkampf-Kombos gegen Gegner zu landen, während er gleichzeitig per Schultertaste und rechtem Stick Gegner am anderen Ende des Raumes aufs Korn nimmt.
 
Leider mangelt es Nier: Automata trotzdem am Tiefgang, den man aus reinen Action-Spielen von Platinum Games gewohnt ist. So verfügen 2B und besonders 9S über deutlich weniger Nahkampf-Kombos als die Protagonisten anderer Spiele und auch das Ausweichen wird in Nier deutlich großzügiger gehandhabt. Während man in Bayonetta nur wenige Ausweichsprünge nacheinander benutzen kann, darf man in Nier nämlich beliebig viele Ausweichmanöver aneinanderreihen und entkommt somit unangetastet jeder brenzlichen Situation.
Wer trotzdem noch Probleme mit den Kämpfen haben sollte, kann sich immer noch in den Läden der Spielwelt mit aberwitzigen Mengen der spottbilligen Heil-Items eindecken. Diese lassen sich während eines Kampfes entweder per Schnellmenü oder ganz entspannt aus dem Options-Menü beliebig oft einsetzen.
Und als würden diese aufbrauchbaren Heilitems das Spiel nicht schon einfach genug machen, gibt es auch noch die Modifikations-Chips, mit denen man die Protagonisten ausrüsten kann. Diese erhöhen teilweise bestimmte Parameter wie die Lebenspunkte oder die Angriffskraft, können aber auch für übermächtige Heilfähigkeiten eingesetzt werden. Wer nach etwa zwei Stunden Spielzeit einen Charakter steuert, dessen Lebensenergie sich schneller regeneriert, als die Gegner sie aus ihm herausprügeln können, muss definitiv keine Angst mehr vor dem Bildschirmtod haben.
 
Dabei haben die Entwickler extra eine von Dark Souls inspirierte Mechanik eingebaut, die vom Spieler verlangt, nach dem Ableben an seine Todesstätte zurückzukehren. Dort kann er dann seine verlorenen Erfahrungspunkte und Ausrüstungsgegenstände wiedererlangen. Eine nette Idee, die allerdings nur in herausfordernden Spielen ihre Stärken zeigen kann.
 
Selbstverständlich steht es dem Spieler jederzeit offen, den Schwierigkeitsgrad des Spiels zu erhöhen. Allerdings bietet das Heraufsetzen der Schwierigkeitsstufe keinerlei Belohnungen oder praktischen Nutzen, außer der Herausforderung selbst.
 
Doch nicht nur das Kampfsystem selbst weist deutliche Schwächen auf. Auch die Angriffsmuster der Gegner sind bei weitem nicht so kreativ und abwechslungsreich, wie man es aus anderen Platinum-Spielen gewohnt ist. Selbst die Bosskämpfe schaffen es nur selten, den Spieler wirklich auf Trab zu halten. Am aufregendsten sind da noch die Bullethell-Angriffe der Gegner, die eines der größten Merkmale des ersten Nier waren und auch hier wieder großzügig eingesetzt werden.
 
Vollständig trivialisiert werden die Kämpfe jedoch erst, sobald man im zweiten Durchgang die Kontrolle über den zweiten spielbaren Charakter 9S erlangt. Dieser verfügt nämlich über die Fähigkeit, seine mechanischen Widersacher zu hacken und ihnen durch Manipulation ihrer Schaltkreise massiven Schaden zuzufügen.
Jeder einzelne Hacking-Vorgang findet dabei in Form eines kleinen Minispiels statt, das stark an Twin-Stick-Shooter wie Geometry Wars erinnert. Leider wiederholen sich die Arcade-artigen Minispiel-Einlagen so schnell, dass selbst das Besiegen der stärksten Bossgegner nach kurzer Zeit zum Kinderspiel wird. Doch die Balancing-Probleme, die mit dem Hacken einhergehen, sind nur ein Teil des Problems.
Anfangs mag das skurrile Hacking-Minispiel noch charmant wirken und dem Spieler ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubern. Wenn man sich dann aber 15 Stunden später in den sechshundertsten Roboter hackt und die immer gleichen Minispiel-Einlagen bewältigen muss, nutzt die gesamte Mechanik sich stark ab. Dass 9S abseits des Hackings keine ähnlich effizienten Angriffsmöglichkeiten hat, bewegt den Spieler allerdings dazu,
das Hacking so oft wie möglich einzusetzen.
 
 

Das Problem mit der Postapokalypse

Eine desolate, postapokalyptische Welt mit aufregenden Dingen zu füllen, ist immer wieder eine schwierige Aufgabe für Videospiele. Nier: Automata bietet, wie schon der Vorgänger, eine offene Spielwelt, die sich stark an klassischen 3D-Zelda-Spielen orientiert. Es gibt einige Städte, die als Hubs dienen. Dort interagiert man mit NPCs und erhält neue Items und Quests. Der Rest der Welt besteht aus Ruinen, Ödland und anderen verlassenen Arealen.
Dieses triste Setting passt gut zur Story und wäre gar kein Problem, wenn das Leveldesign die öde Leere und Verlassenheit in irgendeiner Weise kompensieren würde.
 
Dabei hat die Spielwelt eigentlich eine recht angenehme Größe. Sie ist weder zu groß, noch zu klein. Leider werden Bewegung und Erkundung zu lästiger Arbeit, wenn die Welt in keiner Weise interaktiv ist. An jeder Ecke gibt es willkürliche Abgrenzungen in Form von unsichtbaren Wänden. Sogar an Stellen, die augenscheinlich danach aussehen, als könnte man sie mittels eines simplen Sprungs überqueren, wird der Spielercharakter durch eine unsichtbare Grenze aufgehalten. Besonders nach einem Spiel wie Zelda: Breath of the Wild wird deutlich, wie statisch die Welt von Nier: Automata ist.
Sämtliche Gebäude in der großen Hauptstadt des Spiels sehen architektonisch nahezu identisch aus. In den meisten Arealen fällt es schwer, sich ohne Karte zu orientieren.
Das einzige, das Leben in die Welt bringt, sind die eingestreuten Gegnergruppen, die nach einigen Spielstunden allenfalls als Kanonenfutter dienen, sowie die Loot-Items, die immer wieder per Zufallsprinzip quer über die Areale verteilt respawnen. Doch anders als in z.B. Xenoblade Chronicles X muss man hier jedes Mal stehen bleiben, um eines der unzähligen Sammel-Items aufzuheben. Dieses Stop-and-Go wird bereits nach kurzer Zeit so störend, dass man die meisten Items am Wegesrand am liebsten liegen lassen würde.
 
Ab und an trifft man auch in der Oberwelt auf vereinzelte NPCs, die die Protagonisten mit Sidequests versorgen. Doch selbst das simple Reden mit anderen Charakteren wird in diesen Gebieten dadurch erschwert, dass man erst sämtliche Monster in der Umgebung ausschalten muss, um ein simples Gespräch mit einem NPC führen zu können. Was zuerst nicht schlimm klingen mag, wird spätestens dann ärgerlich, wenn man auf dem Dach eines Hochhauses ankommt und dort mit einem NPC reden will, dieser dann aber kein Wort herausbringt, weil irgendwo am Fuße des Turmes noch zwei kleine Robotergegner herumtoben.
 
Und wo gerade die Rede von Sidequests ist: Die Nebenaufgaben von Nier: Automata sind erzählerisch teilweise recht amüsant oder sogar interessant. Spielerisch jedoch gehören sie zum grundlegendsten Ein-mal-eins der JRPG-Sidequests, wie man sie schon aus unzähligen anderen Spielen kennt. Das bedeutet also: Sammle Item X und kehre zum Auftraggeber zurück, besiege Monster X und kehre zum Auftraggeber zurück, eskortiere den Auftraggeber in Schneckentempo zu Ort X und schlage dich dabei durch Gegnerwellen, und so weiter und so fort...
Zum Glück sind sämtliche Nebenaufgaben des Spiels komplett optional und dementsprechend nichts, was das Spiel zerstören würde.
 
Man muss sich dennoch fragen, wo der spielerische Mehrwert der offenen Spielwelt ist, wenn sämtliche Komponenten, die mit ihr in Verbindung zu stehen, so schwach umgesetzt sind. Nier: Automata wäre vermutlich ein deutlich fesselnderes Spielerlebnis, wenn man auf die offene Erkundung verzichtet und nur auf lineare Spielabschnitte konzentriert hätte.
 
Die linearen Abschnitte des Spiels sind nämlich visuell, spielerisch und dramaturgisch hervorragend designt und stellen die absoluten Höhepunkte dar. Hier folgt nämlich ein aufregender Moment auf den anderen. Die Kamera wechselt aufregend zwischen 3D-Perspektiven, Sidescrolling-Perspektiven und Top-Down-Perspektiven. Durch jeden Wechsel der Perspektive verändert sich das Gameplay auf einer fundamentalen Ebene. Dieses Umkrempeln der grundlegenden Spielmechaniken sorgt für die nötige Abwechslung, die das Spiel aufgrund seines ansonsten recht eintönigen Gameplays bitter nötig hat.
 
Ein weiterer Hingucker sind die Shoot ’em Up-Passagen, in denen 2B und 9S in fliegende Kampf-Mechs steigen. Diese werden immer wieder ins Spiel eingestreut und sorgen für ein wenig frischen Wind. Allzu anspruchsvoll werden aber auch diese Luftgefechte zu keiner Zeit.
 
 

Das Problem mit der Postapokalypse Nr. 2

Man kann Nier: Automata nicht vorwerfen, dass es nicht ansprechend für Augen und Ohren wäre. Der Soundtrack ist wie schon im Vorgänger großartig und dürfte schon jetzt seine Nominierungen für sämtliche „Soundtrack of the Year“-Wahlen sicher haben. Sämtliche Stücke tragen unverkennbar die persönliche Note des Spiels. Bei vielen Songs müsste man nur wenige Sekunden reinhören, um zu erkennen, dass es sich hierbei um einen Song aus einem Nier-Spiel handelt.
 
Visuell erwarten den Spieler aufregende Charakter- und Maschinendesigns, die vor Einzigartigkeit und Persönlichkeit nur so strotzen. Die futuristisch angehauchten Areale der Spielwelt fangen ebenfalls diese einzigartige Note des Spiels ein. Die natürlicheren Areale jedoch leiden erneut unter dem postapokalyptischen Setting. Die tristen und eintönigen Farbpaletten, die hier verwendet werden sind fürs Auge nur wenig ansprechend. Auch der strukturelle Aufbau dieser Gebiete ist nur wenig erinnerungswürdig.
 
Die Animationsarbeit der Action-Sequenzen ist Anime-typisch überzeichnet, flüssig und aufregend. Die „großen“ Cutscenes der Hauptstory sind ebenfalls hübsch abzusehen und hervorragend animiert. Sobald man sich allerdings von diesen großen Cutscenes entfernt, fällt das Animationsniveau stark ab. In den meisten kleineren Gesprächen bewegen die Charaktere nicht einmal ihre Lippen – selbst wenn diese mit Sprachausgabe vertont sind. Die Synchronsprecher leisten hingegen stets gute Arbeit. Sie wirken stets authentisch und passen gut zu den von ihnen
gespielten Figuren. Auch die Maschinen haben durch den ausufernden
Einsatz von Stimmverzerrern eine distinkte Persönlichkeit.
 
Technisch läuft Nier: Automata auf der Standard-PS4 passabel. Meist schafft es das Spiel, bei stabilen 60fps zu laufen. Leider kommt es, trotz der nativen Auflösung von 900p, gerade in den offenen Arealen immer wieder zu stärkeren Framerate-Einbrüchen während besonders effektgeladener Gefechte. Diese Einbußen sind vor allem in Anbetracht dessen ärgerlich, dass das Spiel auch so schon grafisch nicht unbedingt in der oberen Liga mitspielt. Trotzdem stören diese kleineren Mäkel nur selten. Besonders in den Innenarealen beeindruckt das Spiel mit großartigen Lichteffekten und weiß mit seiner einzigartigen künstlerischen Ausrichtung zu punkten.
 
 
 
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VOID

Fazit

Pro

+ erinnerungswürdige Charaktere
+ Erzählung behandelt interessante Themen
+ traut sich, mit Gameplay-Konventionen zu brechen
+ erstklassiger Soundtrack
+ großartige Kampfanimationen
Contra

- zweiter Spieldurchgang definiert das Wort "Spielzeitstreckung" neu
- uninspirierte Sidequests
- leblose und leere Oberwelt
- Kampfsystem schöpft sein volles Potenzial nicht aus
- zu viel Hacking ab dem zweiten Spieldurchlauf
- instabile Framerate, trotz 900p auf Standard-PS4
MeanMrMustard
Nier: Automata ist ein außergewöhnliches Spiel, das jeder Fan experimentierfreudiger Spiele unbedingt gespielt haben sollte.
Es traut sich mehr als die meisten anderen großen Spiele, die aktuell den Markt bevölkern und allein dafür sollte man es loben.
Allerdings darf man auch nicht außer Acht lassen, dass die großartige künstlerische Vision hinter Nier: Automata immer wieder vom eigentlichen Gameplay zurückgehalten wird.
Viel zu oft während des Spielens dachte ich mir "eigentlich habe ich gerade gar keine Lust mehr auf das Spiel selbst". Betrachtet man das Gespielte dann aber ein wenig distanzierter, fällt auf, was für eine einzigartige emotionale Reise Nier: Automata bietet.
Wer weiß? Vielleicht hätten ein bisschen weniger Spielzeitstreckung, weniger repetitive Gameplay-Elemente und ein wenig mehr Abwechslung im Missionsdesign aus Nier: Automata eines der ganz großen Spiele dieser Generation machen können.

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