Gravity Rush 2 - Review

Gravity Rush 2

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Review
PS4
26
Gravity Rush 2 ist ein Spiel, das leicht zu lieben, aber gleichzeitig auch leicht zu hassen ist. Es baut auf den Stärken des ersten Teils auf, scheitert aber daran, dessen Schwachstellen zu adressieren. Doch wie fühlt sich Kats schwereloser Sprung auf den großen Bildschirm als Gesamtpaket an?
 
Das erste, was auffällt, wenn man die Disk in seine Konsole schiebt, ist, dass weder ein Day One-Patch, noch erwähnenswerte Installationszeiten auf den Neukäufer warten. Es ist schade, dass man diesen Umstand heutzutage explizit erwähnen muss, aber trotzdem sollte man ihn keineswegs unterschlagen. Es kommt nicht oft vor, dass man ein solches Spiel findet, welches noch dazu komplett ohne Bugs und Glitches daherkommt – Lob also schon mal dafür, Sony Japan Studio.
 

Bigger and better?

Gleich im Opening des Spiels wird deutlich, dass man mit Gravity Rush 2 eine deutlich pompösere Inszenierung der Story anstrebt, als im Vorgänger. Im zweiten Teil der Reihe stößt man deutlich häufiger auf aufwendig animierte Cutscenes, die der Dynamik der Story merklich guttun. Umso bedauerlicher ist es, dass man auch auf der PS4 einen großen Teil der Hauptstory, sowie die Dialoge sämtlicher Sidequests, durch die aus dem Vita-Erstling bekannten Comic-Segmente und Textboxen vermittelt. Besonders spürbar wird der Kontrast in der Dynamik, wenn eine actiongeladene Cutscene von einem Moment auf den anderen von Comic-Panels und Sprechblasen unterbrochen wird. Während dieses Format auf einem Handheld noch akzeptabel war, wirkt es in einem Spiel dieses Kalibers auf einer Heimkonsole im Jahr 2016 schlichtweg deplatziert - auch wenn die Zeichnungen in den Comic-Passagen nach wie vor sehr schön anzusehen sind. Auch auf eine volle Sprachausgabe hat man in Gravity Rush 2 verzichtet. Wie schon im ersten Teil sprechen sämtliche Charaktere in einer Fantasie-Sprache, welche sich stark der japanischen Phonologie bedient. Das Problem hierbei ist allerdings nicht, dass die Charaktere eine Fantasie-Sprache sprechen, sondern viel mehr der Umstand, dass sie dies nur in (großzügig geschätzt) 20% aller Fälle tun, in denen Sprache vorkommt. Die meiste Zeit bleibt es bei Wortfetzen und Lauten, wie man sie aus den Zelda-Spielen kennt und noch häufiger laufen beim Spielen einfach nur Untertitel am unteren Bildschirmrand mit, welche in keiner Weise vertont sind. Dieses Fehlen der Sprachausgabe beißt sich mit dem ansonsten sehr modernen und hochwertigen Gefühl, welches das Spiel vermittelt. Das Spiel hätte von einer echten Sprachausgabe definitiv profitiert und es ist fragwürdig, wieso man auf eine Vollvertonung verzichtet hat, wenn man sich doch eh schon für eine Fantasie-Sprache entschieden hat (immerhin werden diese ja häufig benutzt, um Spiele für geringeres Geld weltweit vollvertonen zu können).
 
Der Plot selbst ist in Ordnung, wenn auch nichts Besonderes für alle, die sich bereits mit japanischen Videospielen auskennen. Man stößt hier auf viele Storytelling- und Charakter-Muster, die immer wieder, besonders in Geschichten mit Anime-Einschlag, auftauchen. Die Charaktere sind größtenteils eindimensional, auch wenn versucht wird, vereinzelte Figuren durch Sidequests weiter auszuarbeiten. Der mit Abstand am besten geschriebene Charakter ist die sympathische Protagonistin Kat. Wie schon im Erstling reißt sie den Spieler durch ihre neugierige Naivität mit und motiviert ihn dazu, die Geheimnisse der magischen Spielwelt zu entdecken. Trotz ihrer kindhaften Natur wird sie dabei nie albern oder nervig.
Auf der anderen Seite behandelt das Spiel einige ernste Themen wie Armut oder staatliche Unterdrückung. Diese beiden Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Spielwelt, aber trotzdem wird deren Potenzial nie vollständig ausgeschöpft.
 
Dieses relativ seichte Storytelling ist, für sich stehend, alles andere als ein Beinbruch, da die Story trotzdem noch eine Stimmung vermittelt, die sich gut in die Spielwelt einfügt. Schade ist jedoch, dass das Storytelling – wie in vielen Open World-Spielen – unter starken Pacing-Problemen leidet. Spannende Momente werden immer wieder von Laufzeiten zur nächsten Mission unterbrochen und viele Momente wirken unnötig gestreckt, wie um noch ein paar zusätzliche Stunden Spielzeit in die Hauptquest zu quetschen. Diese lässt sich übrigens in etwa 15 Stunden beenden, selbst wenn man sich noch etwas Zeit für Erkundung und Sidequesting nimmt. Danach warten noch zahlreiche Bonus-Missionen, sowie unzählige weitere Sidequests und Herausforderungen auf den Spieler, die für viele weitere Stunden Spielinhalt sorgen.
 

Der wahre Star des Spiels

Doch kommen wir nun zum wahren Highlight des Spiels: Dem Fliegen. Oder um es treffender zu formulieren: Dem Fallen.
Wer den Vorgänger bereits gespielt hat, weiß genau, was hier auf ihn zukommt. Protagonistin Kat kann zu (fast) jeder Zeit im Spiel die Schwerkraft nach Belieben steuern und zur Fortbewegung und im Kampf nutzen. Für Leser, die sich darunter noch nichts vorstellen können: Stellt euch vor, ihr dreht die Schwerkraft einmal komplett auf den Kopf und fallt dann in Richtung Himmel. Oder ihr dreht die Schwerkraft seitlich und lauft an der Wand eines Wolkenkratzers. Genau so bewegt ihr euch in diesem Spiel fort.
Dies funktioniert meist mit einer bemerkenswerten Präzision, selbst wenn man die Schwerkraft mehrmals innerhalb weniger Sekunden in verschiedene Richtungen verändert. Lediglich das Gleiten, bei dem Kat sich Rutschbahn-artig über den geneigten Boden bewegt, erfordert, aufgrund der hohen Sensibilität der Steuerung, etwas Einübungszeit.
 
Allein das Fliegen durch die wunderschön gestalteten Ortschaften ist Anreiz genug, das Spiel über mehrere Stunden hinweg zu spielen. Es ist einer der wenigen Fälle, in der die grundlegende Spielmechanik selbst ein solches Gefühl von Spannung, Spaß und Freiheit vermittelt, dass es gar keine vorgefertigten Missionen braucht, um über lange Zeit hinweg zu unterhalten. Kats Animationen, während sie durch die Luft wirbelt und sich ihr Körper in alle möglichen Haltungen und Richtungen verdreht, sind absolut großartig. Tatsächlich ist das Spiel genau dann am stärksten, wenn es dem Spieler möglichst viel Freiheit lässt – doch dazu später mehr.
 
Die einzige Schwäche der Spielmechanik findet man in schnellen Gefechten in der Luft, welche man vor allem in der zweiten Spielhälfte vermehrt vorfindet. Wenn einige Gegner so schnell werden, dass man die Kamera gar nicht schnell genug bewegen kann, um die Schwerkraft in die Richtung des Gegners zu lenken, wird das Gefühl von absoluter Freiheit, welches die größte Stärke des Spiels darstellt, schnell von Chaos abgelöst. Dazu kommt der Umstand, dass man im späteren Spielverlauf in der Luft von buchstäblich allen Seiten angegriffen werden kann. Es tummeln sich dann oft so viele Gegner über, unter, vor, hinter und neben Kat, dass es schwierig wird, sie alle im Blick zu behalten. Auch die Gravitationstritte (der Hauptangriff in der Luft, bei dem Kat mit dem Fuß zuerst auf ihre Gegner zufliegt) verfehlen dann häufig ihr Ziel, ohne dass man sich als Spieler so fühlt, als sei dieser Fehltritt gerechtfertigt. Die Luftkämpfe können einen leicht überwältigen und es erfordert definitiv einiges an Übung, um sie zu meistern.
 
Zum Glück ist Kat auch am Boden eine kompetente Kämpferin. So kann sie nicht nur mehrere Gegenstände auf einmal vom Boden aufheben und wie Geschosse auf ihre Gegner zuwirbeln lassen, sondern sich auch im Nahkampf zur Wehr setzen. Das Nahkampfsystem besteht dabei hauptsächlich aus einer simplen Angriffskombo und einer Ausweichrolle. Es erfüllt seinen Zweck, ist auf Dauer aber nicht sonderlich effizient und befriedigend. Problematisch ist vor allem, dass die Angriffsmuster der Gegner nicht immer gut lesbar sind und es somit häufig vorkommt, dass man keine Chance hat, rechtzeitig auszuweichen. Dies ist besonders ärgerlich, wenn Angriffe von außerhalb des Kamerasichtfelds kommen.
Traditionell ist das Kameraproblem in Character Action-Spielen wie Bayonetta oder Devil May Cry so gelöst, dass Gegner aus dem Off der Kamera den Spieler ein wenig seltener attackieren, als die, die gerade sichtbar sind. Dieser Aspekt scheint im Nahkampf von Gravity Rush 2 zu fehlen.
Was ebenfalls fehlt, ist eine optionale Zielerfassungsfunktion, die es erleichtern würde, die blitzschnellen Gegner im späteren Spielverlauf im Auge zu behalten. Dies hätte den Spieler dann zwar einen Teil seiner Steuerungsfreiheit gekostet, hätte schnelle Kämpfe in der Luft oder in engen Korridoren aber erheblich erleichtert.
 
Insgesamt funktioniert das Kampfsystem von Gravity Rush 2 aber ähnlich gut wie im Erstling. Dazugekommen sind lediglich die beiden neuen Kampfstile, Lunar und Jupiter, in die Kat ab einem gewissen Zeitpunkt im Spiel jederzeit wechseln kann. Diese senken (Lunar) oder erhöhen (Jupiter) jeweils Kats Körpergewicht erheblich, sodass sie einige neue Moves auf Lager hat. Der Lunar-Stil ist durch Angriffe wie einen Teleportationskick sehr gut geeignet, um es mit schnellen Gegnern aufzunehmen, während der Jupiter-Stil mit seinen brachialen Attacken vor allem für gepanzerte Gegner geeignet ist.
Dazu lassen sich per Druck auf die Dreieckstaste bei voller Spezialangriffs-Leiste mächtige Superangriffe entfesseln, welche sich je nach ausgewähltem Kampfstil unterscheiden.
Es sollte jedoch angemerkt werden, dass der Lunar- und der Jupiter-Stil fast ausschließlich zum Kämpfen geeignet sind. Die Fortbewegung mit beiden Stilen ist relativ unangenehm – der Lunar-Stil ist bei der Fortbewegung auf dem Boden viel zu sensibel, sodass Kat sich bei jeder kleinsten Bewegung des Sticks schon mehrere Meter bewegt. Der Jupiter-Stil hingegen macht Kat schlichtweg langsam, sodass es keinen wirklichen Nutzen hat, ihn zur Fortbewegung zu nutzen.
Dies ist vor allem dann störend, wenn man in einigen Passagen des Spiels dazu gezwungen wird, einen der beiden Stile zu nutzen und es nicht möglich ist, zum Standard-Stil zurückzuwechseln. Solche Passagen sorgen für unnötigen Frust und hätten leicht vermieden werden können.
 
Sämtliche der Fähigkeiten, die Kat im Kampf nutzt, können durch ein Power-Up-System im Menü aufgewertet werden. Zum Aufleveln der Fähigkeiten benötigt man die überall in der Spielwelt verteilten pinken Kristalle, welche man darüber hinaus auch in den zahlreichen Herausforderungs-Missionen des Spiels erhalten kann. Diese Herausforderungen bestehen meist daraus, bestimmte Fähigkeiten innerhalb eines bestimmten Zeitlimits für eine bestimmte Aufgabe anzuwenden. Bei Erfolg kann man seinen Highscore in der jeweiligen Herausforderung außerdem an einen seiner PSN-Freunde versenden und diesen dazu herausfordern, die eigene Bestzeit zu schlagen. Auch eine globale Bestenliste ist für jede Challenge vorhanden. Diese Funktionen erweitern das Spiel auf sinnvolle Weise, ohne das Singleplayer-Erlebnis durch aufgesetzte Online-Komponenten zu verwässern.
Generell gehören die Herausforderungen zu den Missionen im Spiel, die die grandiose Spielmechanik am besten ausnutzen – besser als viele Sidequests oder Missionen der Hauptquest.
 

Eine himmlische Augenweide

Die Open World von Gravity Rush 2 besticht durch atemberaubende Szenerien und ein unvergleichliches Gefühl von Freiheit, das man in keinem anderen Open World-Spiel dieser Konsolengeneration findet – vielleicht sogar in keinem anderen jemals.
Die Spielwelt besteht komplett aus im Himmel schwebenden Inseln und Häusern, zwischen denen man ohne irgendwelche Einschränkungen hin- und herfliegen kann. Man kann komplett unter der Spielwelt durchfliegen, sich aus mehreren Kilometern Höhe durch Wolkenschichten fallen lassen, Wolkenkratzer seitwärts empor rennen und vieles mehr. Allein das Geschwindigkeitsgefühl sorgt für den titelgebenden Rausch und ist vielleicht der größte Reiz des Spiels überhaupt.
Es gibt diverse unterschiedliche Städte in der Welt, die sich alle ohne jegliche Ladezeiten bereisen lassen. Manchmal fällt man einfach nur von einer Stadt runter, saust einen Kilometer durch die Wolken und findet sich dann in einem anderen Stadtteil wieder. Dabei hat jede einzelne fliegende Stadt ihre komplett eigene Atmosphäre, die durch die großartige künstlerische Gestaltung des Spiels vermittelt wird. Jedes einzelne Areal wirkt wie gemalt und überzeugt durch einzigartige Farbgestaltung, Architektur und Stimmung. Da gäbe es zum Beispiel das düstere Stadtviertel der Unterschicht, dessen heruntergekommene Holzhütten tief unter der Wolkendecke bedeckt liegen; oder auf der anderen Seite gäbe es das Viertel der Reichen, das weit über den Vierteln der Mittelschicht mit pompösen Villen und aufwendiger Architektur aufwartet.
Die Weitsicht ist für eine Spielwelt dieses Ausmaßes vortrefflich und durch den farbigen Nebel des Spiels, sowie unauffällige Low-Poly-Modelle werden etwaige Schwächen gekonnt kaschiert. Zu merklichen Pop-Ups kommt es nur sehr selten, wie zum Beispiel, wenn man innerhalb weniger Sekunden mehrere Kilometer aus dem Himmel hinaus in einen komplett anderen Stadtteil fällt. Auch die Framerate bleibt durchweg stabil und es kam während des gesamten Tests zu keinen spürbaren Einbrüchen. Die Ladezeiten sind kurz und selten, was für ein heutiges Open World-Spiel ebenfalls keine Selbstverständlichkeit ist. Die längsten Ladezeiten (welche aber immer noch relativ kurz sind) findet man beim Benutzen der Schnellreise-Funktion. Diese ist in diesem Spiel allerdings völlig überflüssig, da das manuelle Bereisen der Welt schlichtweg so ein großer Spaß ist. Außerdem kann man ohnehin jeden Ort in der Spielwelt innerhalb von höchstens zwei Minuten erreichen, solange man konsequent auf ihn zusteuert.
Die großartige Optik des Spiels wird von einem gelungenen orchestralen Soundtrack untermalt, der jeden Moment des Spiels passend untermalt. Neben einer hohen Dichte an Streichinstrumenten ist die Musik des Spiels stark vom Jazz angehaucht. Für Bosskämpfe greift man mitunter auch mal auf eine jaulende E-Gitarre zurück, was wahrscheinlich für die nötige Action sorgen soll. Letztendlich wirkt die E-Gitarre in diesem Soundtrack aber ein wenig deplatziert.
 
Generell gehört Gravity Rush 2 zu den audiovisuell beeindruckendsten Spielen, die die PS4 bisher zu bieten hat. Es verfügt nicht über die Art von Bombast-Grafik eines Uncharted 4, aber es weiß durch seine großartige künstlerische Gestaltung trotzdem mit Wow-Momenten im Minutentakt zu punkten. Selbst die Gestaltung des HUDs und der Menüs ist wunderschön und fügt sich perfekt in die Ästhetik des restlichen Spiels ein. Selbst Leute, die sonst nicht viel mit Spielen im Anime-Look anfangen können, dürften hier voll auf ihre Kosten kommen. Das typische quietschbunte Anime-Design wird hier nämlich nur sehr dezent eingesetzt.
 

Ich möchte doch nur frei sein

Doch so grandios die Freiheit der wunderschönen offenen Welt auch ist, so gravierend sind die Schwächen von Gravity Rush 2. Schon beim ersten Teil auf der PS Vita lagen dessen Stärken nicht gerade im Bereich des Missionsdesigns. Leider wird dieses Muster auch im Nachfolger fortgesetzt.
Während die Missionen der Hauptquest sich zu Anfang noch sehr nach Tutorial anfühlen, merkt man nach einigen Stunden, dass sich dieser eher simple und repetitive Missionsaufbau durch das gesamte Spiel zieht. Offiziell ist das Tutorial nach etwa zweieinhalb Stunden mit der Ankunft in der Open World beendet. Man merkt nachfolgend auch eine leichtere Steigerung im Anspruch der Missionen, sodass sich der Aufbau des Spiels etwas weniger anfühlt, als werde man an der Hand gehalten.
Trotzdem greifen fast sämtliche Missionen der Hauptquest auf das typische 1x1 des Open World-Leveldesigns zurück. Man findet sich also konfrontiert mit den üblichen Hol- und Bring-Aufgaben, Verfolgungsmissionen, „gehe zu Ort X und besiege alle Gegner“ – ich denke, es dürfte klar sein, was hier gemeint ist.
Das Spiel wartet in einigen Missionen sogar mit Schleich-Passagen auf, die zwar auf dem Papier interessant klingen (Stealth + Anti-Schwerkraft? Klingt gut!), sich in der Praxis aber gnadenlos zäh spielen lassen. So kommt man meist gar nicht erst dazu, seine schwerkraftverändernden Fähigkeiten zu nutzen, da dies zur sofortigen Entdeckung durch die aufmerksamen Patrouillen führen würde. Meistens enden diese Missionen dann darin, dass man per Trial & Error-Prinzip sämtliche möglichen Wege ausprobiert, bis man den Weg findet, den die Entwickler vorgesehen haben. Viele Alternativen zum optimalen Weg bieten sich aufgrund der willkürlichen KI der Patrouillen nämlich nicht an.
Auch die Missionen, in denen man mit den Bürgern der Stadt „reden“ muss, um Informationen zu sammeln, gehören zu den absoluten Tiefpunkten des Spiels. Man klappert sämtliche Personen ab, die gerade in Reichweite sind und drückt die Quadrat-Taste, um mit ihnen zu interagieren. Die Wahrscheinlichkeit, dabei auf eine Person zu treffen, die einen in der Quest voranbringt, ist verschwindend gering. Die meisten NPCs würdigen Kat nicht mal eines Blickes, wenn man vor ihnen steht und sie anspricht. So rennt man also planlos umher und drückt bei jedem NPC einmal die Quadrat-Taste, in der Hoffnung, endlich die Person in der Menge aus fast identisch aussehenden NPCs zu finden, die das Spiel von einem zu finden verlangt.
 
Der Aufbau der Missionen ist derartig grundlegend und ideenlos, dass es jedes Mal eine große Freude ist, wenn man eine Mission abgeschlossen hat und die Welt wieder auf eigene Faust erkunden darf.
Natürlich reist man auch während der Missionen durch die Open World und hat dabei ein großes Maß an Freiheit, aber trotzdem wird man immer wieder durch aufgesetzte Dialoge und aufpoppende Wegpunkte am Bildschirmrand gestört.
 
Den größten Stilbruch zur Open World bieten die wenigen Missionen, in denen Kat in einen langen, linearen Korridor versetzt wird. Doch anstatt in diesen linearen Passagen mal richtig die Möglichkeiten zu nutzen, die einem ein solches Leveldesign bietet, beschränkt sich das Spiel darauf, Kat von einer schwebenden Insel zur nächsten zu bugsieren, um dort willkürliche Aufgaben auszuführen.
Dann kommt man also auf einer Insel an, auf der dem Spieler von einer Steintafel(!) aufgetragen wird „Besiege alle Gegner“ oder „Sammle alle Kristalle“ – und sobald man diese Aufgabe ausgeführt hat, geht es dann weiter zur nächsten Mini-Insel. Der einzige positive Aspekt dieser linearen Level ist, dass sie visuell zu den absoluten Highlights des Spiels gehören. Sie sind so einzigartig und aufwendig gestaltet, dass man aus dem Staunen kaum noch herauskommt. Letztendlich ist es auch die Optik dieser Passagen, die das endlos langgestreckte Gameplay überhaupt ertragbar machen.
 
Generell fühlen sich die Missionen der Hauptquest häufig an, als wären sie viel zu lang. Es ist stets ein großes Ärgernis, wenn man denkt, man hätte die Mission überstanden und auch der Plot der Mission ein Ende andeutet, nur um dann nochmal für einen Botengang fortgeschickt zu werden.
Am Ende vieler Missionen kommt es außerdem zu aufwendig inszenierten Bosskämpfen. Doch auch hier verlaufen fast alle Kämpfe nach demselben Prinzip ab, nach dem man auch die anderen Gegner im Spiel besiegt: Weiche aus und greife dann die leuchtenden Stellen an. Vor allem im späteren Spielverlauf wird dieses Gegnerdesign dann noch mit einer Prise Chaos und Boss-Recycling gepaart und sorgt letztendlich eher für Frustration, statt Spaß.
 
Natürlich sind nicht sämtliche Missionen totale Fehlschläge. Hin und wieder hat die Hauptstory des Spiels lichte Momente, die einigermaßen zu beeindrucken wissen. Doch diese kurzen Momente, die das wahre Potenzial des Spiels durchschimmern lassen, können nicht die Stunden voller Mittelmäßigkeit aufwiegen.
Auch die Sidequests orientieren sich sehr stark am Missionsdesign der Hauptquest – meistens allerdings in abgespeckter Form und mit einer uninteressanteren Erzählung, die das Ganze untermalt. Manchmal haben die kurzen Story-Schnipsel, die diese Nebengeschichten einem bieten, aber auch durchaus ihren Charme. So muss man zum Beispiel in einer Mission für einen alten Mann fünf Fotos von hübschen jungen Frauen schießen, um „seine Seele zu heilen“. Diese Art von unschuldigem Humor trägt dann in wenigen Fällen die Sidequests. Letztendlich gibt es allerdings deutlich zu viele belanglose Nebenaufgaben, die dieses einigermaßen zufriedenstellende Maß an Qualität verwässern.
 
Und wenn man nun sowohl Haupt-, als auch Nebenmissionen wegnimmt, muss man sich fragen: Welcher substantielle Aspekt des Spiels bleibt da noch übrig?
Tatsächlich bleibt nicht allzu viel übrig. Denn das Bereisen der offenen Welt macht Spaß, aber außerhalb der Missionen bietet sie nur wenige Interaktionsmöglichkeiten. Sie ist im Endeffekt doch eher ein Hub für die Missionen, als eine wahre Open World-Sandbox mit unendlich vielen Möglichkeiten.
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Fazit

Pro
 
Contra
 
MeanMrMustard
Wie bewertet man ein Spiel, dessen Missionsdesign fast über den gesamten Spielverlauf hinweg derartig mittelmäßig ist, welches aber trotzdem auf einer rein mechanischen Ebene noch so viel Spaß macht? Bis zu welchem Grad können die absolut grandiose Spielmechanik und die bezaubernde Spielwelt das schwache Missionsdesign tragen? Allein, dass die Atmosphäre des Spiels einen so großen Teil seines Reizes ausmacht, zeigt, dass die Präsentation eines Spiels letztlich doch ziemlich signifikant zur gesamten Spielerfahrung beitragen kann. Dass Gravity Rush 2 kein reiner Grafikblender ist, liegt nur daran, dass es ein so großartiges Gefühl ist, Kat durch diese wunderschöne Welt zu steuern.
Fans der Reihe, die schon mit dem ersten Teil sehr zufrieden waren, werden sicherlich auch hier nicht enttäuscht werden. Schließlich gibt es kaum einen Punkt, in dem der zweite Teil sich gegenüber dem ersten verschlechtert hat. Umso trauriger ist es, dass das Potenzial, das ein großer Nachfolger dieses unkonventionellen Handheld-Spiels hatte, hier nicht erfüllt wird.
 

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