Thomas Was Alone - Review

Thomas Was Alone

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Review
WIIU
33
Thomas war allein. Das lag sicher nicht an seinem schlechten Verhalten oder seiner Unhöflichkeit, immerhin hatte er noch gar keine Zeit diese zu erlernen. Nein, Thomas war allein, weil er eben gerade sich seiner eigenen Existenz bewusst wurde. Zumindest so bewusst, wie sich ein kleines rotes Rechteck sich selbst bewusst sein kann. Aber das reicht wohl aus, um sich auf die Suche nach anderen Rechtecken zu machen, um zumindest seiner derzeitigen Einsamkeit zu entkommen. So einsam scheint Thomas’ Reise aber auch gar nicht gewesen zu sein, immerhin haben schon vor dem Release der Xbox One, PlayStation 4 und Wii U-Version bereits über eine Millionen Spieler die Abenteuer des roten Rechtecks mitverfolgt. Nun hat man auch auf den neuen Konsolen die Möglichkeit das hoch gelobte Indie-Spiel zu erleben, denn wie auch andere Spiele kleinerer Studios zu berichten wissen, ist die neue Generation der Hardware sehr offen geworden für unabhängige, kleine Projekte. Werfen wir also einen Blick auf das unscheinbare Jump'N Run Puzzle-Spiel, falls ihr nicht doch Thomas Gesellschaft leisten wollt.
 

"A weird first thought to have"

Thomas Was Alone ist wie viele Indie-Spiele seiner Art eigentlich äußerst simplistisch. Als Spieler kontrolliert man pro Level eine Auswahl an Rechtecken und Quadraten, die man zu Portalen führen muss, welche in der Welt verteilt sind. Die Form das Portals zeigt natürlich an welches Rechteck hineinpasst und nur wenn alle zur gleichen Zeit ihre Position eingenommen haben, gilt der Abschnitt als gelöst. Aber natürlich muss man dafür nicht nur typische Jump’N Run-Angelegenheiten hinter sich bringen, sondern muss auch darüber nachdenken in welcher Reihenfolge man welche Rechtecke wohin bewegt. Jedes einzelne davon hat nämlich einzigartige Eigenschaften, nicht nur in Größe und Form, sondern auch in Sprungreichweite und Spezialfähigkeiten. Somit ähnelt Thomas Was Alone einem Lost Vikings, da sich alle Figuren des Spiels gegenseitig unterstützen müssen, um an ihr Ziel zu kommen, nur in einer ganz simplen, puristischen Art und Weise. Doch wie minimalistisch ist das Spiel tatsächlich? Optisch setzt es ganz klar auf vollkommene Einfachheit, indem man die typischen Eigenschaften eines Platformers in seine geometrischen Elemente zerlegt. Die Figuren sind Rechtecke, die sich von der schwarzen, ebenfalls eckigen Form der Welt nur durch ihre bunte Farbe abheben. Der Hintergrund zeigt sich farblich wiederum gedämpft und zurückhaltend, zusammen mit bewegenden Formen aus Quadraten und Dreiecken. Die atmosphärische Beleuchtung wirft Schatten über den Bildschirm, die sich dynamisch den Bewegungen des Spielers anpassen. Und trotz all dem, trotz aller Einfachheit und Minimalismus, ist Thomas Was Alone eine schöne Parabel, die von Einsamkeit, Freundschaft, Selbstakzeptanz, Freiheit und Aufopferung erzählt. Möglich wird das durch einen Erzähler, der die Eindrücke und Gedanken der Figuren während des Spielens wiedergibt. Es mag albern klingen den Rechtecken Gefühlen zu zusprechen, allerdings funktioniert das außerordentlich gut. Wer die Reise bis zu ihrem Ende mitverfolgt, gewinnt einen Eindruck davon, dass guten Geschichten nicht ausschließlich an ihren optische Form gebunden sind, sondern an ihre Erzählweise und an die Fantasie des Betrachters.
 

"It had been... designed, just for him"

Das ganze gelingt vor Allem durch das wunderbar geschriebene Script und der Stimme des britischen Schauspielers und Comedians Danny Wallace, der gekonnt charmant alles wie aus einem Bilderbuch vorließt und dabei jeder Zeile amüsant zu der gewollten Pointe verhilft. Nicht zu unrecht gewannt Wallace für seine Performance einen BAFTA Award in 2012. Glaubhaft werden so die verschiedenen Charaktereigenschaften der Figuren an den Spieler gebracht, so sehr, dass man sich an der simplen Form kaum mehr stört und sie nicht mehr nur als geometrische Formen wahr nimmt, sondern als tatsächliche Persönlichkeiten. Thomas, der als neugieriger, recht naiver Kerl anfängt, trifft bald auf einen sehr missmutigen Einzelgänger, namens Chris, der nur widerwillig die Hilfe seines neuen Gefährten annimmt, um die höher gelegenen Portale zu erreichen. Bald stößt auch John dazu, der sich über ein Publikum freut, denen er seine großartigen Sprungfähigkeiten demonstrieren kann. Auch weitere Figuren wie Laura, ein horizontales Dreieck, dass andere als Trampolin verwenden können, kommt mit eigenen Ängsten und Gefühlen in die Welt. So fürchtet sie, dass andere sie nur für ihre besondere Fähigkeiten ausnutzen und sie dann zurücklassen würden, so wie andere Rechtecke zuvor. James, der als einziger nicht nach der Schwerkraft nach unten, sondern nach oben fällt, fühlt sich als Außenseiter, als Freak, der von anderen für seine Andersartigkeit nicht akzeptiert wird. Die Figuren sind einprägsam, unterhaltsam, nachvollziehbar, auch wenn ihre Persönlichkeiten doch im Rahmen ebenfalls sehr simpel sind. Trotzdem erwischt man sich, wie man beim Lösen von Puzzeln die verschiedenen Dreiecke im Kopf mit ihren Namen anspricht und sich darauf freut, wenn der Erzähler mehr über sie preisgibt und von den Interaktionen zwischen ihnen erzählt. Dem Spieler virtuelle Spielfiguren emotional näher zu bringen, ist eine beeindruckende Sache. Überdies das auch noch mit ein paar Quadraten und Rechtecken zu schaffen, ist fast unglaublich.
 

"He just wished he had someone to share it with"

Spielerisch bleibt Thomas Was Alone aber etwas hinter der äußerst charmanten Erzählung zurück. Die Einfachheit des Prinzips hat zunächst seine Vorteile, vor allem weil in jedem Kapitel neue Elemente eingeführt werden, die Abwechslung in die Sache bringen. Obwohl das Spiel nicht sonderlich lang ist, vielleicht nur 4-5 Stunden in Anspruch nimmt, ist es zumindest dadurch zu keiner Sekunde langweilig, aber auch nicht fordernd. Nur an wenigen Stellen ist wirkliches Nachdenken gefragt, ansonsten lassen sich alle Probleme relativ einfach lösen. Der Schwierigkeitsgrad zieht mit der Zeit durchaus an, vor allem wenn man sieben Figuren auf einmal spielt und zwischen ihnen wechselt, um alle ihre Fähigkeiten zu nutzen. Großteilig geht es vor allem darum, dass man den schlechten Springern der Gruppe hilft die höheren Plattformen zu erreichen, indem die kleineren Rechtecke Treppen bauen oder Stütze geben. So kann das große, blaue Rechteck Claire beispielsweise als einzige im Wasser schwimmen und andere darüber tragen, ist selbst aber zu schwer um hoch springen zu können. Sarah hat mit ihrem Doppelsprung eine unglaubliche Reichweite, ist aber auch ziemlich klein und kann anderen als Treppenstufe nur schwer helfen. Die Level wechseln sich stark ab, nehmen auch immer wieder bestimmte Figuren aus der Gruppe, sodass man nicht immer in der selben Teamzusammenstellung antritt. Insgesamt unterhält das Leveldesign vor allem mit seiner Abwechslung, weniger mit seinem Anspruch, was aber ohne die erzählte Geschichte vermutlich auch flach fallen würde. Doch wie es steht, motiviert Thomas Was Alone immer weiter zu machen, vor allem wenn die Geschichte sich ihrem Höhepunkt zuneigt und tatsächlich emotional ergreifend werden kann. Der Soundtrack aus der Feder von David Housden passt sich zunächst dem langsam, beruhigenden Spielfluss an, weiß aber genau subtil dann die Kompositionen vielschichtiger zu machen, wenn das Geschehen nach musikalischer dramatischer Untermalung verlangt, aber nie zu einem Punkt, an dem es als Kontrast zum minimalen Stil stören würde. Den neuen Konsolen-Fassungen liegt auch der DLC "Benjamin’s Flight" bei, der die Geschichte als Prequel für Sarah auch noch um zwei weitere Kapitel erweitert, sodass man insgesamt auf 12 kommt. Diese sind ein wenig fordernder als das Hauptspiel, vor allem weil diese mehr auf Reflexe Wert legen als auf Knobeln, aber auch diese dürften schnell gelöst werden.
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VOID

Fazit

Pro
 
Contra
 
HatWolf
Thomas Was Alone bietet mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Ich empfand die Reise und Geschichte des roten Rechtecks auf der Suche nach Freunde und schließlich Erlösung und Aufopferung als reizvoll, merkwürdig ergreifend und nachvollziehbar menschlich. Besonders deswegen merkwürdig, weil manche Triple-A Spiele mit wesentlich realistischer und bis ins unfassbare Detail ausgearbeitete Grafik und Figuren mir teilweise wesentlich weniger Gefühle von Echtheit vermitteln. Wie kann mir ein Rechteck humaner vorkommen als alle Figuren in z.B. Watch_Dogs und co.? Vermutlich hat gerade der Minimalismus einen besonderen Reiz, da man sich nur mehr auf das Wesentliche konzentriert und von weniger Glanz und Glitter abgelenkt wird. Hauptsächlich ist es aber tatsächlich das gute Script und die besondere Erzählstimme von Danny Wallace, die das Erlebnis ausmachen. Insgesamt ist die Spielerfahrung erfrischend und einprägsam, trotz seiner recht überschaubar kurzen Dauer. Auch spielerisch bietet Thomas Was Alone gerade nur ein solides Gameplay, das durch seine Abwechslung nicht langweilig wird, dem es aber ein bisschen an Tiefe und Anspruch mangelt. Davon sollte man sich aber nicht abhalten lassen, falls man Thomas Was Alone noch nie gespielt hat. Egal ob auf PC, Wii U, PlayStation 4 oder Xbox One, Hauptsache kein Rechteck muss mehr alleine bleiben.

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