Mario ist ein viel beschäftigter Mann. Neben Prinzessinnen retten, Kart fahren, Fußball & Basketball spielen, als Doktor Pillen verabreichen oder in interdimensionalen Turnieren kämpfen, gehört auch der Golfsport zu seinen Leidenschaften (Im Grunde also alles außer tatsächlicher Klempnerei, was ja sein Hauptberuf sein sollte). Allerdings ist es nun fast zehn Jahre her, dass er tatsächlich aufs Grün durfte, um ein paar Löcher zu schlagen. Das New Play Control!-Remake für die Wii nicht eingerechnet, war der letzte Mario Golf-Ableger Advance Tour für den Game Boy Advance. In der Zwischenzeit schien Mario wesentlich mehr Gefallen am Tennis zu finden, was wir vor zwei Jahren auch auf dem 3DS beobachten konnten. Nun aber sind die Netze eingerollt, die Tribünen geschlossen und die gelben Bälle gut verstaut, denn in dieser Saison eröffnet das Pilzkönigreich wieder seine Golfkurse. Zur Feier verbindet Entwickler Camelot Software hier zum ersten mal seine Golf-Solokampagnen der Handheld-Ableger mit den Multiplayer-Möglichkeiten der Konsolentitel. Funktioniert die Mischung, ohne das etwas zu kurz gerät? Es gibt nur keine Methode das heraus zu finden…
Zu Gast im Palast
...und das natürlich nur, indem wir uns persönlich vor Ort von den Qualitäten des Pilzkönigreichs überzeugen. Der Palastmodus lädt nämlich uns persönlich in der Gestalt unseres Miis in das bekannte Schloss der Prinzessin Peach ein. Der Modus sollte besonders Kennern der Handheld-Spiele von Mario Golf bekannt sein, der schon immer einen gewissen Wert auf Rollenspielelemente legte. Ganz so stark sind sie hier aber nicht vertreten. Nachdem wir dem Spiel mitgeteilt haben, ob wir Rechts- oder Linkshänder sind, dürfen wir auch sogleich das Schloss erkunden, mit bekannten Persönlichkeiten des Mario Universums plaudern wie etwa Donkey Kong, Yoshi oder Wario, bevor wir auf den Übungsplätzen ein Handicap zugeteilt bekommen. Folglich geht es darum Turniere zu gewinnen, neue Herausforderungen freizuschalten und sein Handicap zu verbessern. Obwohl der Palast und seine Bewohner grafisch wieder sehr hübsch, bzw. den Mario-Spielen entsprechend sehr bunt gestaltet sind, ist die Umgebung gerade anfangs recht verwirrend. Für eine Golfsimulation ist der freizugängliche Bewegungsraum zu den verschiedenen Spielmodi recht groß, allerdings voller unbeschrifteter Türen und ohne hilfreiche Übersichtskarte ist es schwer zu sagen, wohin was führt. Dort sind Umkleideräume, hier geht es zu den Kursen, im Keller der Zugang zum Onlinespiel… all das wird aber erst ersichtlich, wenn man wahllos überall mal rumläuft.
Eine schnelle Übersicht über die tatsächlichen Spielmöglichkeiten gibt es hier nicht. Aber sei’s drum, sobald wir einigermaßen wissen wo was liegt, haben wir auch die Möglichkeit langsam zu erlernen wie man spielt. Als Tutorium bietet Mario Golf gleich mehrere auswählbaren Kurse an, die einem nach und nach das Abschlagen, Annähern und Putten beibringen und auch durch verschiedene Elemente wie Höhenunterschiede oder Windeinflüsse gehen. Ein vollständiges Tutorium, welches auch noch optional ist? Vorbildlich. Abgesehen davon, gibt es im Palastmodus noch ein Geschäft, welches Ausrüstung für den eigenen Mii verkauft, wie etwa Hosen, Schuhe, neue Schläger oder Bälle. Diese verbessern unsere Werte ein wenig, was aber die einzigen wirklichen Rollenspielelemente darstellt, die im Spiel noch vorhanden sind. Dumm nur, dass jeweils immer nur ein Ausrüstungsstück per Zufall freigeschaltet wird, wenn man eine Übungsrunde, ein Handicapturnier oder an ein einem richtigen Wettbewerb teilnimmt. Doof ist das deshalb, da es so schon einmal vorkommen kann, dass wir nacheinander vier bis fünf Schuhe mit den gleichen Werten freischalten, bis zum Ende der Solokampagne aber nicht eine einzige Hose erhalten haben. Die kurze Durchspielzeit der Kampagne von etwa 2-3 Stunden ist ebenfalls enttäuschend, auch wenn die freischaltbaren Herausforderungen noch unterhalten können, besonders da sie teilweise wirklich bockschwer werden. Insgesamt ist dieser Spielanteil für Solospieler eher nett gemeint, als wirklich befriedigend, was aber durchaus durch die soliden Spielmechaniken noch glänzen kann.
Nice shot!
Es ist durchaus offensichtlich, dass Camelot hier nicht zum allerersten mal an einem Golf-Spiel arbeitet. Wir reden hier zwar von einer „Golf-Simulation“, in der Tat befindet sich Mario Golf aber natürlich eher auf der Ebene eines Arcade-Anspruchs. Praktisch automatisch wird der richtige Schläger ausgewählt und auch die Ideallinie zum Ziel bestimmt. Außerdem gibt es nette Hinweise darüber falls sich Hindernisse im Weg befinden, sowie die Auskunft über den genauen Aufschlagpunkt des Balls, sowie wohin er rollen wird. Theoretisch müsste man dann nur auf einer Ladelinie mit richtigem Timing noch den richtigen Abschlagpunkt erwischen und der Golfball nimmt seinen vorher genau festgelegten Lauf. Aber nur theoretisch. Tatsächlich berechnet die Ideallinie weder Wetterverhältnisse noch Höhenunterschiede mit ein, weswegen der Spieler hier seine Schläge selbst abschätzen und korrigieren muss. Die berechnete Linie kann in der Tat so lächerlich falsch liegen, dass sie selbst dann noch das Weiterrollen des Balls berechnet, wenn der Aufschlagpunkt in einem Sandbunker liegt. Daraus entsteht aber ein gewisser Anspruch, da die eigene Aufgabe nun nicht nur mehr aus dem Timing der Abschläge, sondern auch aus dem Ausgleichen von Gegenwind, nassem Böden oder Hügeln besteht. Einzig und allein die Kamera scheint da nicht ganz so mitmachen zu wollen, da sie sich grundsätzlich zunächst immer auf den Endpunkt der Ideallinie konzentriert, ganz gleich ob der Fokus auf dem Aufschlagpunkt wesentlich wichtiger ist. Immerhin berechnet man davon ausgehend wie der Wind den eigenen Schlag verändert. Insgesamt ist die Mechanik aber zweifellos sehr eingängig, einfach zu steuern und trotzdem anspruchsvoll genug, dass man sich nicht unterfordert fühlt. Profis können auch noch etwas mehr Einfluss auf ihre Schläge nehmen, in etwa in welchem Winkel man den Ball anschlägt, wirklich nötig ist das aber nicht.
Besonders hervorzuheben sind hier auch noch einmal die Golfkurse, von denen sich ein Teil sogar an echten Kurse anlehnt. Die nach und nach freigeschalteten Kurse wiederum werden dabei ein wenig verrückter, beinhalten dann Trampoline, Kanonen oder schräge Hindernisse, bieten dann auch die Möglichkeit mit Items zu spielen, die auf dem Kurs verteilt sind. Wer davon eines erwischt, kann seinen Golfball für einen Zug z.B. in einen Kugelwilli verwandeln, der von Wind und Wetter unbeeinflusst bleibt oder in einen Feuerball, der sich durch Hindernisse brennt. Da diese taktisch auf dem Feld verteilt sind, machen diese Spielmodi durchaus ebenfalls Spaß, die Option die Items aber auszustellen wird sicher auch oft genug genutzt. So oder so: Der Abwechslung tut das nur gut. Wer keine Lust auf den Palastmodus hat, kann in „Schnellem Spiel“ sich rasch einfach zusammen stellen, was er gerne hätte. Kurse, Menge der Löcher, Minispiele, Herausforderungen - Keine üble Mischung. Auch die Regeln lassen sich frei einstellen. Sollen nach klassischer Variante die Schläge bis zum Loch gezählt werden oder nur die benötigte Zeit? Hier kann man dann auch neue Charaktere und Kostüme freischalten. Insgesamt ist die Jagt nach neuen Rekorden für Einzelspieler sicher sehr unterhaltsam, aber vor allem die Mehrspielermodi können hier noch einmal mehr bieten.
Kein Hole-in-One
Der umfangreiche Online-Modus bietet Leaderboards, vollständige 18-Loch Wettbewerbe mit Miis, zeitbegrenzte Online Herausforderungen, die Möglichkeit eigene Turniere zu erstellen und auch eine gute Übersicht darüber wie sich die eigenen Freunde in bestimmten Kursen schlagen. Insgesamt liefert Nintendo und Camelot hier eine zufrieden stellende Online-Erfahrung an, wäre da nicht das vollständige Fehlen einer Lobby. Wie immer macht es ein Nintendo-Spiel es einem unnötig schwer mit seinen Freunden oder Fremden zu kommunizieren, weswegen wohl die Anbindung und Verabredung zu Turnieren über andere soziale Medien Pflicht ist, um das meiste aus Mario Golf: World Tour heraus zu holen. So eine veraltete Onlinestruktur dämpft einfach den Spielspaß, da sich der Sporttitel sonst gar nicht zu verstecken bräuchte. Für sein Geld kriegt man eine angenehme Menge an Inhalt und Golf in ganz abwechslungsreichen Varianten. Insgesamt bleibt so Mario Golf hinter seinen potenziellen Möglichkeiten zurück, ist aber weiterhin die Nummer 1 bei Arcade Golf-Spielen. Hoffentlich setzt sich aber bald mal eine ordentliche Online-Umgebung für Mario-Spiele auf dem 3DS durch.
