Es ist eine Weile her, dass wir ein Sportspiel von Nintendo selbst gesehen haben, ohne dass Mario und seine Pilzkönigreich-Crew den Austragungsort, sowie die Mitspieler bestimmten. Ob Baseball, Fußball oder Golf - Wenn es von Nintendo kommt, dann nur mit einem schnauzbärtigen Klempner auf dem Cover. Doch Nintendo Pocket Football Club von Entwickler ParityBit scheint einen anderen Weg zu gehen, nicht nur indem man auf das bekannte Maskottchen des Traditionsunternehmens Nintendo verzichtet, sondern indem man auch einen Fußballmanager auf eine andere Art angeht als Sega mit ihrem letzten Football Manager 2014. Anstatt viel Geld in eine aufwendig und graphisch anspruchsvolle Simulation zu werfen, legt man mehr Wert auf Charme und Persönlichkeit, reduziert das Management auf das Wesentliche und verzichtet auf offiziell lizensierte Teams, Vereine oder Spieler. Ob der Underdog von Nintendo es aber mit den großen Manager-Spielen aufnehmen kann, die seit Jahren den Markt dominieren?
How to train your Football Club
Wie erwähnt gibt es keine Lizenzen von realen Teams oder Spielern, allerdings darf man sein eigenes Team ohnehin frei gestalten. Man wählt sein Ursprungsland, den Namen, die Trikots und auch die Flagge des eigenen Vereins sobald man die Aufgabe des Managers übernimmt. Das Management ist aber schlussendlich nur auf das Training seiner Kicker fokussiert, in etwa muss man sich nie mit der Presse oder seinen Vorgesetzten auseinander setzen, selbst wenn das eigene Team das Ballspiel beherrscht wie die Bambino-Grundschulgruppe. Was übrigens zu Anfang auch der Fall ist, das Ziel zu einem der besten Teams aufzusteigen ist also eine eher langwierige Geschichte. Bis das eigene Team endlich überhaupt ein Tor erzielt, geschweige denn mal ein Spiel gewinnt, braucht es etwas Geduld und Training. Geduld ist ohnehin ein großes Schlagwort: Alle Spiele, denen man als Trainer beiwohnt, muss man auch in ihrer Vollständigkeit erleben. Das sind in etwa 10 Minuten, die sich nicht überspringen oder schneller abspielen lassen. Bis auf die anfänglich festgelegte Taktiken lassen sich diese Spiele auch nicht weiter beeinflussen, außer man wechselt mittendrin noch Spieler aus. Abgesehen davon schaut man nur inaktiv zu wie die eigene Mannschaft sich im Spiel schlägt, selbst wenn es um relativ unwichtige Freundschaftsspiele geht. Die Optionen, mit denen man die Spielweise seiner Truppe einstellen kann, ist ohnehin sehr rudimentär.
Im Grunde lässt sich keine spezifische Taktik verfolgen, sondern nur bestimmten Spielern zuordnen wie viele Fouls sie riskieren sollen, wer den Freistoß oder die Eckwürfe ausführen soll. Im gegnerischen Team kann man drei bestimmte Spieler auswählen, auf die die eigenen Jungs besonders aufpassen sollen, aber auch hier kann man diesen Gefahren keine bestimmten Spieler zuweisen, die während dem Spiel gegen diese vorgehen. Nach einem Spiel lassen sich lausige Spieler nicht bestrafen oder hervorragende Leistungen nicht belohnen. Im Grunde fehlt also viel taktische Entscheidung, viel Einfluss, den man auf sein Team durch das Analysieren von Problem während dem Spiel nehmen könnte. Die einzige Möglichkeit aktiv die Spielweise der Mannschaft zu beeinflussen ist das Training, wobei man viele Übungs- und Freundschaftsspiele dafür spielt. Es ist auch die einzige Methode spezielle Karten zu erhalten, mit denen man gezielt Eigenschaften bestimmter Spieler verbessern kann, in etwa ihre Geschwindigkeit, ihre Technik, Ausdauer oder ihre Willenskraft. Zu Anfang ist es recht einfach ein „E“ in Geschwindigkeit eines Spielers in ein „D“ zu verwandeln, aber bei einem „A“ zu einem „S“ dauert das ganze schon wesentlich länger. Davon abhängig in welche Bereiche eines individuellen Spielers man seine Trainingseinheiten investiert verändert sich auch sein Spielertyp und aus ihm wird ein Sprinter, Verteidiger oder Stürmer, wobei sich tatsächlich fröhlich experimentieren lässt, um zu schauen, welche ungewöhnliche Kombinationen man zusammen mischen kann. Dieses Training, zusammen mit der Entscheidung wo man welchen Spieler mit ihren spezifischen Fähigkeiten dann aufstellt, ergibt dann endlich eine definierte Spieltaktik. Der Mangel an tatsächlichen Taktikoptionen kann das zwar nicht wirklich ausgleichen, gibt aber immerhin eine gewisse Motivation vor sein Team immer und immer weiter auszufeilen.
Lebhafte Pixel
Dass man die Spiele nicht überspringen kann, hat wohl einen bestimmten Grund. Offenbar hat ParityBit eine Menge Zeit darin investiert an dem Spielerverhalten zu arbeiten, was sich erstaunlicherweise mehr auszahlt als bei vielen anderen Hochglanz-Simulationen. Ja, die Animation ist ziemlich auf die Grundlagen beschränkt, wobei die Pixelgrafik durchaus einen gewissen Charme hat, doch innerhalb eines Match merkt man richtig wie unterschiedlich sich ein Team in diversen Situationen verhält. Ist das Team am Gewinnen, spielt es nach allen Regeln und geht keine weiteren Risiken ein, doch bei einem Rückstand werden die Stürmer aggressiver, besonders in den letzten verbleibenden Minuten eines Spiels. So wagen sie dann längere Pässe, Tackeln härter und riskieren schon mal spekulativere Torschüsse. Ein 0:3-Match fühlt sich ganz, ganz anders an als ein 1:1. Das ParityBit dies mit einer Handvoll Pixel-Sprites hinbekommen hat, ist mehr als erstaunlich. Vor allem hört das Spielerverhalten hier nicht auf, da man auch hier Mut zu menschlichen Fehlern bewiesen hat. Ab und zu findet man seine Jungs vereinzelt zu weit von seiner Position entfernt, schießen unter Panik auch schon einmal in die falsche Richtung oder lassen sich zu offensichtlichen Fouls hinreißen. Besonders in den unteren Ligen vorkommen Spiele manchmal zu katastrophalen Schlachten im Mittelfeld, in denen der Ball alle paar Sekunden den Spieler wechselt, da alle auf das Leder eintreten als sei es eine Party-Pinata.
Verglichen mit der feineren Taktik, die die eigene Mannschaft in den späteren Matches nach eingehendem Training hinlegt, lässt sich dann auch gut das gewisse Gefühl von Erfolg nachvollziehen. Am Endeffekt wirkt das Spielverhalten einfach nicht wie ein Haufen K.I.’s, die nur ihrem einprogrammierten Code folgen, sondern wie eine tatsächliche Mannschaft. In dem Aspekt dreht Nintendo Pocket Football Club einem FIFA Manager hier die lange Nase, obwohl die Entwicklungskosten nicht einmal an ein Zehntel des lizensierten Vorbilds heranreichen dürfte. Oft fühlt sich hier ein Match einfach lebhafter an, besonders wenn bestimmte Spieler sich in ihrem hitzigen Eifer zu nur allzu menschlichen Fehlern hinreißen lassen. Und wenn sich die Fußballspiele in einem 3DS Pixel-Spiel von einem kleinen Entwicklerteam glaubhafter anfühlen als die jährlichen FIFA und Pro Evolution Soccer-Ableger von großen Publishern wie EA oder Konami, dann will das was heißen. Außerhalb vom Training kümmert man sich als Manager noch ein wenig um die Laune der Fans oder um das Einkaufen neuer Spieler, um den eigenen Verletzen mal eine Auszeit zu gönnen. Das ist in der Tat aber nicht viel, insofern bleibt nur noch der Online Multiplayer, bei dem man dann seine Mannschaft gegen andere antreten lassen kann. Auch über Streetpass kann man gegen Fremde spielen, die zu bestimmende Taktik ist aber weiterhin so rudimentär wie bei der Singleplayer-Erfahrung. Für ein 15 Euro e-Shop Game ist das also alles etwas wenig, was man tatsächlich tun und entscheiden kann. Und je weniger man über die Mikrotransaktionen sagt, mit denen Nintendo über bestimmte freischaltbare Mannschaften noch ein wenig mehr Geld verdienen will, umso besser. Immerhin: Man kann vollständig auf diese verzichten und hat dabei keinen wirklichen Nachteil.