Hitman: Absolution - Review

Hitman: Absolution

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Review
PS3
57
Sechs Jahre ist es her. Sechs Jahre, in denen Fans ohne den kahlköpfigen Killer 47 auskommen mussten. Wer in der Zwischenzeit seine Portion Stealth-Action haben wollte, musste sich an andere Schleicher wie Sam Fisher, Conor oder Solid Snake wenden, doch keiner davon ist ein zwei Meter großer Kahlkopf mit Barcode auf dem Hinterkopf – 47 ist in der Hinsicht einfach unersetzlich. Nachdem Square Enix aber die Publisherrechte von Eidos übernahm, beschloss man ihn endlich wieder zurück zu bringen. Hitman: Absolution heißt der neue Teil der Reihe und verspricht einen einfacheren Einstieg für Neulinge, genug Herausforderung für Veteranen und eine rundum verbesserte Glacier 2 Game Engine. Konnte Entwickler IO Interactive diesen Auftrag professionell abschließen oder ist die Durchführung einem echten Hitman unwürdig? Consolewars überprüfte die Mission, verfolgte alle hinterlassenen Spielfuscher-Spuren und brachte die Verantwortlichen zu Strecke. Rein metaphorisch, natürlich. Der Einsatzbericht dazu folgt jetzt.
 

Der Alltag eines Mörders

Eine Villa mit üppiger Gartenanlage, mehrere Dutzend Wachmänner, alle schwer bewaffnet und nur eine Zielperson. Der Auftrag: Mord. Möglichst sauber, unauffällig, professionell. Im Idealfall gehen wir ungesehen an allen Wachen vorbei, bleiben verborgen, töten das Ziel ohne Verdacht zu erregen und verschwinden genauso schnell wieder. Das ist die Perfektion, nach der alle Auftragsmörder streben. Ohne Frage ist der Beste in diesem Handwerk Agent 47, ein humorloser Kerl mit strengem Blick und silbernen Pistolen im Anschlag. Um aber die geforderte Professionalität zu erreichen, muss sich der Spieler auf viele gescheiterte Versuche und viel Geduld einstellen, wenn er die Rolle des kaltblütigen Auftragskillers übernehmen will. Der Grund hierfür ist vor allem, dass Absolution nicht einfach zu meistern ist. Zwar kann der Spieler in geduckter Haltung umherschleichen und sich in im Level verteilten Kisten oder Schränken verstecken, doch um dem Sichtfeld der Wachen zu entgehen ist vor allem eine gewisse Aufmerksamkeit erforderlich, um die Laufwege aller Wachmänner vorauszuahnen. Als Auftragskiller will man im Sperrgebiet nicht unbedingt einer Patrouille vor die Schrotflinte laufen. Grundsätzlich laufen aber alle Missionen des Spiels wie eben am Anfang beschrieben ab, wobei man aber mehr als nur eine Zielperson haben kann. Die Hilfsmittel und Methoden um die Mission abzuschließen sind dem Spieler allerdings offen gelegt. Fast immer stehen neben typischen Schleichen & Verstecken-Taktiken einige Feuerwaffen zur Verfügung, welche in Third Person Shooter-Manier zum Herumballern verwendet werden können. Mit einem Maschinengewehr im Anschlag Polizisten und Wachmännern niederzumähen ist allerdings weder besonders subtil noch professionell und zieh jede Menge unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich. Wer sich klug anstellt, kann Aufträge abschließen ohne einmal den Pistolenabzug zu drücken. Die beste Alternative um Wachen und Ziele zu entsorgen ist die Klavierseite, die Feinden von hinten die Luft abdrücken kann, aber auch herumliegende Gegenstände wie ein Schraubenschlüssel oder einen Schraubenzieher lassen sich notfalls zum improvisierten Mordgegenstand umfunktionieren. Wer ungesehen bleiben will, muss aber umsichtig vorgehen: Wer eine Leiche hinterlässt, sollte besser auch ein passendes Versteck dafür parat haben. Hinterlassenes Blut macht die Wachen ebenfalls misstrauisch. Vorsicht ist also nicht nur die Mutter der Porzellankiste, sondern auch der Segen eines Auftragskillers.
 

Kontaktaufnahmen

Wer aufs Schleichen verzichten will, kann sich auch eine Verkleidung besorgen, entweder indem man in einem Umkleideraum eine findet oder indem man einen der herumlaufenden Kollegen ausschaltet. Das ganze kommt mit einigen Vor- und Nachteilen. Wer sich als Hotelpage verkleidet, fällt den schwer bewaffneten Wachen im Gebäude nicht weiter auf, bekommt aber misstrauische Blicke von seinen vermeintlichen Kollegen zugeworfen. Dabei gilt als Faustregel, dass man mit einer Verkleidung für alle anderen NPCs unsichtbar wird, außer für jene, die die gleiche Kleidung tragen. Das ergibt theoretisch Sinn, immerhin dürfte ein Polizist seine eigenen Kollegen erkennen und dementsprechend misstrauisch reagieren, wenn ein Fremder in Uniform in das Revier stampft, während er einem unbekannten Automechaniker nicht so viel Beachtung schenkt. In der Praxis ist es stellenweise aber etwas albern, wenn man sich an öffentlichen Plätzen als Nudelverkäufer verkleidet und alle anderen Nudelverkäufer einem misstrauisch hinterherrennen. Generell gilt, dass sich die künstliche Intelligenz des Spiels merkwürdig und sehr mechanisch verhält. Nach einiger Spielzeit wird man als Killer nicht mehr die klügste Vorgehensweise wählen, sondern die Logiklücken der NPCs ausnutzen um weiter zu kommen. Beispielsweise lassen sich Wachen dadurch ablenken, dass Agent 47 einen Gegenstand wie ein Buch oder eine Tasse zur Ablenkung wirft. Die Wachen werden immer wie hypnotisiert zu dem gerade aufgeschlagenen Gegenstand rennen, selbst wenn sie beobachtet haben aus welcher dunklen Ecke das Ding eigentlich geflogen kam. Im Umkehrschluss kann 47 auch einer Wache ein Messer ins Genick werfen und dafür ein Kugelhagel von dessen Kollegen ernten, die im Nebenraum gar nicht sehen konnten was passiert ist. Diese teilweise stumpfen Verhaltensweisen sind jeder Figur zu Eigen, ob nun Polizist, Wache, Gärtner oder Mechaniker, was auf Dauer den Spielfluss doch sehr stören kann.
 
Neben dem stärkeren Schleichanteil gegenüber den älteren Spielen ist auch der Instinkt des Killers neu. Dieser ähnelt dem Adlerblick aus Assassin’s Creed oder dem Detektiv Modus aus Batman. Für Agent 47 werden die Farben der Umgebung etwas gedämpft und dafür werden die umgebenden NPCs mit leuchtenden Farben hervorgehoben, auch durch Wände hindurch. Dadurch sieht man nicht nur nahende Wachen, auch dessen Laufwege werden dem Spieler aufgezeigt. Darüber hinaus hat der Instinkt noch weitere Funktionen, die sich aktiv einsetzen lassen. So kann man in Verkleidung andere Kollegen in gleicher Uniform für einen Moment täuschen, um sich ihrem misstrauischen Blick zu entziehen oder gar eine Slow Motion auslösen, um mehrere Feinde ins Visier zu nehmen und niederzustrecken. Beides verbraucht aber den Instinkt, der sich durch das Erledigen von Auftragszielen, Kopfschüssen und lautlose Kills wieder auflädt. Allerdings fühlt sich das Täuschen und das übermächtige Herumballern im Kontext des Spiels eher wie Schummeln oder eine übermächtige Spielerhilfe an, drum können Spieler, die darauf verzichten wollen, mit dem „Puristen-Modus“ gleich Radar und Instinkt für das Spiel ausschalten.
 

Die Qual der Wahl

Die Örtlichkeiten der verschiedenen Mission sind dafür schön vielseitig geworden. Neben Luxus-Hotels, geheime Forschungsanlagen und Strip Clubs kommen auch offene Wohngegenden zum Einsatz, in denen 47 sein Vorgehen wesentlich freier planen kann als in den meisten streng bewachten Gegenden. So ganz handlungsfrei ist hier aber nichts. Häufig läuft es in einem Level darauf hinaus, dass man alle Objekte darauf untersuchen wird, ob die Entwickler diese für eine spezielle Tötungsmethode eingeplant haben. Erschießen und Erdrosseln ist in der Regel nur die suboptimale Lösung, da man einen Mord auch wie einen Unfall aussehen lassen kann. Ein Kronleuchter, der das Opfer unter sich begräbt, eine defekte Hebebühne, ein offener Stromkasten, eine aufgedrehte Gasleitung – all das lässt sich mit Geduld und ein wenig Analyse der Verhaltensweise der Zielperson ausnutzen. Der Instinkt Modus gibt auch immer wieder gerne Hinweise für solche Gegenstände oder Orte, was aber nur mehr darauf hinausläuft, dass der Spieler nachvollziehen muss, was die Entwickler geplant haben, anstatt dass er selbst kreativ tätig wird. Eine Falle zu legen und den inszenierten Unfall dann zu erleben, ist dennoch einer der besseren Momente in dem Spiel, da immerhin die Durchführung einiges an Geduld und Geschick abverlangt. Absurd ist hierbei nur das Punktesystem, welches das eigene Vorgehen beurteilt. In der Tat bewertet das Spiel jede Handlung des Spielers, was ihm noch während des eigentlichen Auftrags mitgeteilt wird. Auftragsziele erledigen gibt zwar logischerweise Pluspunkte, während beim Erwischt werden das Punktekonto wieder schrumpft, aber auch das Töten von jedem Nicht-Ziel führt zu Minuspunkten, völlig egal ob es Sinn ergibt oder nicht. Wer den Koch erledigt, um in seiner Verkleidung den Wachen nicht weiter aufzufallen, wird mit Minuspunkten bestraft. Wer mit einer Annäherungsmine eine Wache in den Tod schickt, damit alle anderen Kollegen ihren Posten verlassen, um sich den Ursprung der Explosion anzusehen, wird mit Minuspunkten bestraft. Wer eine Massenpanik verursacht, um in dem heillosen Durcheinander zu entkommen, wird mit Minuspunkten bestraft. Dabei waren alle drei Handlungen hilfreich und sogar nützlich, um das Ziel zu erreichen. Absurd ist dieses Bewertungssystem deshalb, weil es dazu entmutigt mit verschiedenen Methoden zu experimentieren, etwas wovon das Spiel zum Großteil überhaupt lebt. In einem Spiel, bei dem die Wahl des Spielers zum Kernkonzept gehört, sollte nicht darüber entschieden werden, ob die Handlung "richtig" oder "falsch" war, stattdessen sollte es dazu ermutigen mit den gegebenen Hilfsmitteln den besten Weg zum Erfolg zu finden. Eine Chance, die Absolution einfach verpasst. Schade.
 

Wild at Heart lässt grüßen!

Apropos Absurd: Hitman Absolution versucht sich in seiner Story an einer merkwürdigen Mischung aus ernstem Drama und überdrehtem Road Movie. Der Stil bewegt sich dabei eindeutig zwischen einem Quentin Tarantino, einem Robert Rodriguez und einem David Lynch-Streifen hin und her, wobei die überzeichneten Figuren selbst diesen Herrschaften zu peinlich wären. Das liegt vor allem daran, dass Absolution mit Kuriositäten wie Killer-Nonnen in Lederlackuniformen und Polizisten mit ausgespielten SM-Fetisch hier versucht zu verschleiern, was der Geschichte im Kern fehlt: Die Substanz. Das gilt nicht nur für den gesamten Verlauf, sondern auch für das Ende, was unspektakulärer nicht sein könnte. Das ganze wäre kein Problem, falls Hitman hier gekonnt den unterhaltsamen Trash-Faktor liefern könnte, was zwar innerhalb der gesamten Spieleserie immer noch fehl am Platz wäre, doch immerhin konsequent den neuen Stil bedienen würde. So inszeniert das Spiel lieber Popoklatsch-Szenen mit einer Domina oder die Hinrichtungsszenen einer älteren Nonne, anstatt den Figuren eine Charakterisierung oder der Handlung eine Bedeutung zu geben. Falls also jemand in der Handlung plötzlich verschwindet oder stirbt, bleibt der Effekt für den beteiligten Spieler eher gleichgültig, da es weder eine richtige Motivation der Charaktere noch eine wirkliche Lösung für einen Handlungsstrang gibt. Auch das wäre nicht schlimm, würde das Spiel nicht so viel Zeit und Mühe für die Handlung aufwenden, auf dessen Kosten sich der Spieler wohl höchstens ironisch amüsieren kann
 
Der Stil und die Grafik sind aber dafür außerordentlich gut gelungen. Zwar kann die Handlung den Stil nicht gekonnt umsetzen, Figurenmodelle und -animation, Umgebung sowie deren Detailreichtum sind aber trotzdem bemerkenswert. Es ist offenbar viel Zeit darauf verwendet worden, die Welt von Hitman: Absolution lebhaft zu gestalten, was vor allem der Glacier 2 Engine liegt. Durch diese lassen sich überzeugende Menschenansammlungen darstellen, die den Bildschirm ausfüllen können, ohne dass das Spiel ruckelt oder in die Knie gezwungen wird. Genug Missionen geben 47 auch immer wieder die Chance in den Menschenmassen unterzutauchen, welche sich dynamisch bewegen und auch reagieren kann. Über die deutschen Synchronsprecher der Figuren lässt sich auch nicht meckern. Diese beleben die teilweise ziemlich albern trashigen Dialoge mit genug Glaubwürdigkeit, um ihren Zweck zu erfüllen. Anders allerdings ergeht es der musikalischen Untermalung, besonders das Haupttheme von Absolution, welches so inflationär über fast jede Zwischensequenz verwendet wird, dass es spätestens ab dem dritten Mal anfängt zu nerven. Das restliche musikalische Beiwerk ist ansonsten recht schnell wieder vergessen. Das gesamte Spiel wird einen auch nicht über die 12-15 Stunden hinaus fesseln, bietet aber für Perfektionisten weitere Herausforderungen und Aufgaben, welche zum mehrmaligen Durchspielen mancher Missionen anregen kann. Online bleibt ansonsten nur der „Contract“-Modus, bei dem man selbst Missionen erstellen kann oder sich an den Aufgaben anderer versucht. Nichts beeindruckendes, aber eine gute Idee, die ebenfalls unterhalten kann, stellenweise sogar mehr als das Hauptspiel.
 
 
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VOID

Fazit

Pro
+ Tolle, detailreiche Umgebungen
+ Einige Missionen mit offenem Gelände
+ Schwierigkeitsgrade für Anfänger und Veteranen
+ Wiederspielbarkeit aller Missionen
+ Glaubwürdige Menschenmassen
+ Solide Stealth-Mechaniken
Contra
Alberne, pseudo-trashige Story -
Absurdes Punktesystem bestraft Experimente -
Merkwürdig mechanische Gegner K.I. -
Tötungsmethoden für jedes Opfer recht überschaubar -[/head]
HatWolf
Hitman war schon immer eine Spielreihe für den eher etwas speziellen Spielergeschmack, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Fans der Reihe mit dem neuen Ableger so glücklich sein werden. Allein die absurde Geschichte und die überdrehten Figuren wirken derart deplatziert zum Rest der Reihe, dass man sich manchmal in einen David Lynch-Film versetzt fühlt. Nichtsdestotrotz hat Absolution seine guten Momente, besonders solche in denen einem ein geschickter Mordabschluss gelingt oder ein sich erdachter Plan umgesetzt werden kann. Der größere Fokus auf Stealth dürfte Veteranen etwas sauer aufstoßen, da die Reihe so einiges seiner einzigartigen Identität einbüßt, doch die Mechaniken sind allesamt solide und gut umgesetzt. Für eine volle Empfehlung gibt es aber dann doch zu viele Störfaktoren, welche man vor allem der stumpfen K.I. und deren merkwürdigen Verhaltensweisen zuschreiben kann, welche sich schlicht zu einfach ausnutzen lassen. Was bleibt also? Hitman: Absolution ist kein Meisterwerk, aber ein ordentliches Stealth-Spiel geworden. Genrefans können einen Blick riskieren, Serienfans sollten überprüfen, ob ihnen der Killeranzug noch passt.
 

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