"Ich beobachtete die Typen an der Seite: Sie warteten nur auf bestimmte Breaks. Also reihte ich mehrere dieser Beat-Stellen aneinander und boom, boom, boom der Laden explodierte."
Stellt euch vor die Disco ist eine Kirche zu der Abertausende am Wochenende pilgern, um ihrer Religion, dem Tanzen, zu frönen. Wie auch in der Kirche wird in der Disco ein Prediger benötigt, jemand der die Kirchgänger unterhält und seine Botschaften vermittelt. Zugegeben, der Vergleich hinkt ein wenig, doch im Prinzip sind die Discjockeys oder auch kurz DJs genannt nichts anderes als Prediger. Sie vermitteln ihren tanzenden Jüngern auf dem Dancefloor Botschaften mit Beats, Cuts, Scratches und Lyrics. Wer sich dem Rausch der Musik schon einmal vollends hingegeben hat, weiß um den Zauber der Musik und bei vielen hat sich daraus eine große Liebe entwickelt. Heutzutage ist das bloße Abspielen von Musikstücken dank iPod allerdings nicht wirklich ein technisches Wunderwerk. Hier kommen die wahren Entertainer zum Einsatz. Die wirkliche Kunst ist das sogenannte Beatjuggling, welches bereits Mitte der Siebziger Jahre erfunden wurde. Hierbei geht es darum zwei verschiedene Musikstücke sinnvoll und vor allem melodisch miteinander zu mixen, beziehungsweise diese per Cuts und Scratches zu verändern. Besonders die Hip-Hop Scene wusste dies häufig zu nutzen, was in den achtziger Jahren eine ganze Ära prägte. Die Discoszene wurde allerdings erst in den Neunzigern auf diese Art der Vertonung aufmerksam und so entwickelte sich die heutige Elektromusik mit ihren sogenannten Big Beats. Der Big Beat bedient sich wiederrum an Techno, House und Hip-Hop. Ein guter DJ ist dabei in der Lage diese verschiedenen Musikrichtungen zu mixen und teilweise völlig andersartige Musikstile zu entwickeln. Die unglaubliche Vielfalt wird ausschließlich durch die Kreativität des Plattenauflegers begrenzt.
DJ Hero 2 ist die Fortsetzung des erst vor einem Jahr erschienen Erstlings und bringt die Fans der elektronischen Musik zurück in die Disco. Dabei verleugnet der Publisher Activision die Verwandtschaft zu Guitar Hero erst gar nicht großartig und arbeitet sogar mit dem gleichen Schriftzug und Design. Die erfolgreiche Serie um die Klampfe wird sozusagen als Zugpferd missbraucht um die Verkaufszahlen von DJ Hero zu fördern. Doch hat dieses Produkt so etwas überhaupt nötig? Schauen wir doch mal nach
Die Hardware
Der wohl prägendste Teil von DJ Hero 2 ist natürlich der Plattenteller. Das aus Plastik bestehende Eingabegerät, welches einem typischen Plattenpult nachempfunden wurde, hinterlässt einen zugegebenermaßen soliden Eindruck. Die Verarbeitung dieses Produkts ist qualitativ ordentlich und wirkt auf keinen Fall billig. Der Plattenteller gibt mit seinen Rillen und Noppenrändern ein glaubwürdiges Bild ab und die Tasten für das Treffen der Taps sind ausreichend groß um ständiges Abrutschen zu vermeiden. Links neben dem Plattenteller finden wir den sogenannten Crossfader. Dieses Ding ist dafür zuständig, dass wir zwischen den verschiedenen Musikspuren wechseln können. Darüber befindet sich noch ein Drehknopf der als eine Art Equalizer dienen soll um diverse Effekte zu erzeugen. Oberhalb des Equalizers befindet sich eine Klappe unter der sich die typischen Bedienungselemente eines Gamepads befinden. Diese Tasten sind zwar klein gehalten, aber funktional.
Der Plattenpult ist zum Glück nicht zu klein geraten und wird über zwei mitgelieferten Batterien mit Strom versorgt. Wichtig ist bei der Bedienung die passende Körperhaltung. Empfohlen wird das Stehen, was allerdings auf Dauer ein wenig in die Beine geht. Angenehmer ist das Sitzen mit dem Gerät auf dem Schoß. Ein kleiner Geheimtipp von uns: Stellt das Gerät auf einen kniehohen Tisch und setzt euch dann davor. So habt ihr optimale Kontrolle über das Gerät ohne dass der Körper auf Dauer zu sehr beansprucht wird. Besonders während umfangreicher Scratcheinlagen bemerkt man schnell die Belastung in den Armen und Fingern, da bei häufigen Abfolgen von Scratches der Plattenteller besonders auf der Innenbahn ein wenig schwerfällig wirkt. Ansonsten ist die Bedienung aber tadellos.
Grafik und Akustik
Was wäre an einem Musikspiel wichtiger als die Grafik? Natürlich, die Akustik! Deswegen fangen wir auch gleich mit diesem Thema an. DJ Hero 2 setzt voll und ganz auf wummernde Beats, die jede Dorfparty ins Nirwana blasen würde. Die Remixe oder auch Mashups genannt, verlangen von eurer Musikanlage alles ab. Wer nur über die zwei Tunerboxen des Fernsehers verfügt wird hier leider einiges verpassen, denn beim Aufdrehen des Sounds steigt beim Spielen gleichzeitig das Adrenalin. Dabei ist es gar nicht so wichtig welches Stück ihr gerade spielt. Jedes Mashup ist Party pur und sollte beim Spielen zwingend mit gehobenerer Lautstärke gespielt werden. Doch die Entwickler haben zum Glück ein wenig mitgedacht und sind den Spielern ohne Dolby 5.1 Anlage ein wenig entgegengekommen. In den Optionen besteht nämlich die Möglichkeit zwischen Stereo und Dolby Digital zu wählen, um so das maximale Akustikvergnügen herauszuholen. Es erübrigt sich natürlich zu sagen das mit einem Dolby Surround das Partyerlebnis um einiges höher ist, denn laut aufgedreht kann man ohne Probleme eine Hausparty mit den Tracks richtig gut unterhalten. Besonders die Bassspur hebt sich deutlicher ab, aber auch diverse Effekte kommen besser zur Geltung. Der Center konzentriert sich auf die Gesangsspuren und Beats laufen gut verteilt über die Front- und Rearboxen.
Wer also daheim eine kleine Party organisiert und die nötige musikalische Untermalung mal mit seinen eigenen Skills präsentieren möchte, ist bei DJ Hero 2 gut aufgehoben.
Die grafische Untermalung ist allerdings nicht der Höhepunkt. Der wesentliche Hauptgrund den Fernseher überhaupt anzumachen ist natürlich der Highway. Dabei meinen wir nicht die Autobahn sondern die Tonspur, welches uns die Taps anzeigt, die wir als Nächstes drücken sollen. Im Hintergrund sehen wir unseren DJ bei seiner Arbeit und das diverse Herumblenden durch die virtuelle Disco. Die Figuren sind dabei comicartig überzeichnet, was aber kaum ins Gewicht fällt, denn diese Figuren dienen ausschliesslich der Umrandung. Die meisten Damen zeigen sich sehr sexy gekleidet und grooven rhythmisch zur Musik. Ab und zu sehen wir grelle Lichteffekte, die aber vom Spieler kaum wahr genommen werden, da dieser voll und ganz auf den Highway fixiert ist. Deswegen bemerkt man auch kaum, dass sich diese Animationen relativ häufig wiederholen und von der Qualität jetzt auch nicht unbedingt an einen A-Klasse Titel heran reichen. Der Menüaufbau ist ebenfalls zwar stimmig aber nicht übermäßig umwerfend aufgebaut. Die Übersicht ist vorhanden, was auch das Wichtigste ist. Grafisch abheben kann sich allerdings ein wenig das Intro mit den fliegenden Klinkensteckern, welche sich zu abgefahrener Musik durch verschiedenstes Equipment schlängelt. Das optische Gesamtbild ist also kein durchschlagender Erfolg, sollte man aber hinsichtlich des Genres auch nicht zwingend überbewerten. Einzig allein die mangelnden Möglichkeiten eigene Settings und DJs zu erstellen sollte bemängelt werden, den Rest kann man gut und gerne vernachlässigen.
Gameplay und Steuerung
Nun aber zum wichtigsten Teil von DJ Hero 2. Ein Mashup ist ein Remix aus zwei verschiedenen Musikstücken welches der Spieler durch seine Eingaben rhythmisch simulieren muss. Klingt einfach, ist es auch im Prinzip. Es gibt vier verschiedene Eingabemöglichkeiten. Nummer Eins ist die wohl häufigste Anwendung, das Tappen. Dabei betätigt der Spieler einen der drei farblich gekennzeichneten Knöpfe auf dem Plattenteller, wenn auf der entsprechenden Spur ein Tap erscheint. Dabei ist natürlich wie beim großen Bruder Guitar Hero das Timing wichtig. Nummer Zwei ist das Scratchen, welches je nach Spurwahl über das Halten der Taste und dem typischen Hin- und Herziehen des Plattentellers bewirkt wird. Dabei ist vor allem die Länge oft entscheidend. Als drittes besteht die Möglichkeit des Crossfadens. Hier müsst ihr mittels Crossfader die Tonspuren wechseln, um so bestimmte Elemente des Mashups hervorzuheben. Zu guter Letzt ist da noch der Drehknopf des Equalizers. Hiermit ist der Spieler in der Lage in bestimmten Sequenzen Toneffekte der verschiedensten Art zu erzeugen. Das sind auch schon alle Arten der Eingabemöglichkeiten. Das klingt zwar auf den ersten Blick nach nicht viel, doch das Geheimnis liegt in deren Kombinationsmöglichkeiten. Hier spielt DJ Hero 2 seinen wahren Reiz aus. Besonders die fünf verschiedenen Schwierigkeitsstufen machen sich wirklich bemerkbar, denn was auf leicht noch wie ein müdes Kaffekränzchen wirkt, ist auf Schwer schon echte Schweißarbeit. Ungelogen, wer nach einem Mix von fünf Mashups auf Stufe Schwer nicht völlig verkrampft und verschwitzt in den Sessel fällt muss schon ein echter Freak sein, denn die Sessions sind teilweise unheimlich fordernd und verlangen höchste Konzentration.
Im normalen Spielmodus geht es darum hohe Serien von exakten Treffern zu landen. Damit steigt der Punktemodifikator, welcher sich zusätzlich noch mit sogenannter "Euphorie" steigern lässt. Diese Euphorie kann per Taste an beliebigen Stellen aktiviert werden und erhöht die Punktzahlen ungemein. Allerdings erhält man Euphorie nur an speziellen Abschnitten die perfekt gespielt wurden. Desweiteren kann der Spieler den "Rewind" aktivieren und per Drehen des Plattentellers den Mashup zu dem letzten Checkpoint zurückspulen, um so zum Beispiel einen punkteträchtigen Abschnitt erneut zu spielen. Eine wunderbare Möglichkeit seine eigene Kreativität einzubauen sind die sogenannten Freestylepassagen. Hier bekommt der Spieler die Möglichkeit eigene Scratchvarianten oder Soundeffekte über Taps einzubauen.
Wem das jetzt alles zu kompliziert war, hat die Möglichkeit sich im Spiel über ein sehr gut gemachtes Tutorial alle diese Dinge zeigen zu lassen. Niemand geringeres als der "Turntablerocker" himself Michi Beck, auch bekannt als Bandmitglied der Fantastischen Vier wurde hier engagiert, um dem Spieler mit vielen einfachen Beispielen das Bedienen des Plattenpults näher zu bringen.
Neben dem standardmäßigen Abspielen von Mashups als schnelles Spiel gibt es für den Einzelspieler eine Kampagne. Hierbei schlüpfen wir in die Rolle eines DJs dessen Karriere steil nach oben gehen soll. Eure Aufgabe ist es bei einem Auftritt einen vorgegeben Mix zu spielen, welcher über die Punktevergabe bewertet wird. Habt ihr ausreichend Punkte verdient, erhaltet ihr Sterne mit denen ihr weitere Mixe freischaltet. Irgendwann müsst ihr gegen DJs in sogenannten Battles antreten, um so Zugänge zu neuen Clubs auf der ganzen Welt zu erhalten. Der Clou ist, dass diese DJs echte Vorbilder haben und so tretet ihr zum Beispiel gegen einen David Guetta, DJ Jazzy Jeff oder RZA vom Wu Tang Clan an. Satte 80 Mashups gilt es dabei zu bewältigen, was einen enormen Umfang bedeutet. Wer aber trotzdem nicht den Hals vollkriegen kann wird sich darüber freuen können, dass der Box zusätzlich noch das Spiel des ersten Teils beiliegt. Beide Sammlungen lassen sich aber leider nicht kombinieren und so muss regelmäßig die CD gewechselt werden.
Multiplayer
Die großen Neuerungen gegenüber dem Erstling liegen überraschend im Bereich des Multiplayers. Das Hauptaugenmerk gilt dabei der Möglichkeit nun zwei Plattenpulte gleichzeitig einzusetzen. So können zwei Spieler in einem Battle gegeneinander antreten, um den Besseren DJ unter sich zu ermitteln. Doch das ist noch nicht alles. Desweitern kann ein Mikrofon angeschlossen werden, so dass eine dritte Person ähnlich wie bei Lips oder Singstar seinen Gesang dazu besteuern kann. Dies funktioniert allerdings ausschliesslich über den Party-Modus, welcher keinerlei Punktevergabe vorsieht. Trotzdem ist diese Möglichkeit eine echt originelle Sache und trägt zur Erheiterung der Massen bei.
Neben der Möglichkeit mit Freunden zu Hause als Offline-Multiplayer anzutreten, kann es der Spieler nun endlich auch online über Xbox-Live mit diversen Gegnern aufnehmen und die gleichen verschiedenen Spielmodi wie im Einzelspieler verwenden. Je nach Auswahl stellen die Spieler ihre Mixe zusammen und die KI überprüft Überschneidungen oder erarbeitet mit den Auswahlen der Spieler einen eigenen Mix. Die Kontrahenten spielen also beide die gleichen Tracks, so dass kein Nachteil entstehen kann. Am Ende werden Erfahrungspunkte verteilt welches per Level-UP deinen DJ-Skill anzeigt. So kannst du schnell erkennen ob dein Gegenüber ein alter Hase oder ein Anfänger ist. Auf jeden Fall ist der Multiplayer eine echte Bereicherung der DJ Hero Serie und schon aus Gründen der Partyunterhaltung ein definitiver Kaufgrund.
Positiv:
- über 80 abwechslungsreiche Mashups
- akustisches Highlight
- solide Hardware
- gute Bedienbarkeit
- abwechslungsreiche Schwierigkeitsgrade
- gutes Tutorial
- geeignet für die heimische Hausparty
Negativ:
- fehlende Langzeitmotivation für den Einzelspieler
- schnell heruntergespulte Kampagne
- leichte Probleme beim Scratchen der Innenspur
- relativ hoher Anschaffungspreis
- zweiter Pult für Offline-Multiplayer benötigt
- belanglose optische Darstellung des Hintergrundes
- kostspielige Downloadcontents